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Nr. 12, Dezember 2003
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Lagebericht aus der Höhle: überall bröckelt's

Ein Spaziergang zu den so genannten Ausstattungsvorsprüngen der Universität

 
  Reparaturbedürftig: nicht nur die Aufzüge

Als Hans-Joachim Rieseberg an dem grauen Novembermorgen sein Büro betritt und gar nicht erst Platz nimmt, nur sagt: "Kommen Sie mal!", da ahnt man Ungemach.

Hans-Joachim Rieseberg lehnt sich auf das Fensterbrett, hält kurz inne und sagt: "Da drüben das Mathegebäude aus den Achtzigerjahren - eine riesige Hypothek, und das Gebäude E-Technik, der Neubau daneben, auch. Wenn nichts geschieht, gehen die in fünf Jahren in die Knie." Obwohl die Gebäude noch ganz proper aussehen, müssten Fassade, Wärmedämmung, Fenster und außen liegender Sonnenschutz dringend saniert werden. Geschätzte Kosten: 15 bis 20 Millionen Euro allein für das Mathematikgebäude.

Der Leiter der Abteilung IV, Gebäude- und Dienstemanagement, der Universität hat zurzeit nur solche Botschaften parat. Um sein "Reich", daraus macht der Mann keinen Hehl, ist es nicht zum Allerbesten bestellt. Er ist zuständig für den gesamten Gebäudebestand der Universität (440000 Quadratmeter Hauptnutzfläche), für Hörsäle, Seminarräume, Büros, Labors samt technischer Ausstattung, für Fenster, Treppen, Toiletten, 140 Aufzüge und etwa 60000 Türen. Der Weg zu den von Finanzsenator Sarrazin immer wieder erwähnten "Ausstattungsvorsprüngen" der Universität führt vorbei an der Erstbestuhlung von Hörsälen, die älter als 50 Jahre ist und romantisch knarrt, stillgelegten, weil defekten Aufzügen, für die kein Geld zur Reparatur da ist, und Rauchschutztüren, "die extrem am Rande sind". Es fehlen Rauchmelder im Hauptgebäude, Türschlösser seien "Schrott", die Aufzüge nennt Rieseberg "Rumpelkisten", im EMH-Gebäude behilft man sich bei starkem Regen mit Eimern, weil das Dach undicht ist, und die meisten Toiletten seien "jenseits von gut und böse".

Allein bei den Abwasseranlagen bestünde mittlerweile ein Sanierungsbedarf von zehn Millionen Euro. Das ist so viel wie Hans-Joachim Riesebergs gesamter Jahresetat.

Von einer Grundsanierung kann derzeit keine Rede sein. Also wird in der Zentralwerkstatt noch bestes deutsches Handwerk gepflegt und repariert, was noch zu reparieren ist. Resteverwertung steht hoch im Kurs. Da die Ausstattung für einen mittleren großen Hörsaal zwischen 100000 und 200000 Euro kostet, das Geld dafür nicht vorhanden ist und für die Hörsaalbestuhlung aus den Anfangsjahren zum Beispiel keine Ersatzteile mehr zu bekommen sind, recycelt der Tischler aus zweien eine.

Ein anderes großes Problem, das Rieseberg hat, ist der Asbest, der noch vor 20, 30 Jahren reichlich verbaut wurde. Es ginge davon zwar keine aktuelle Gefahr aus, "aber bei Umbauten holen wir ihn raus und das kostet".

Rieseberg kann mit den Mitteln nur dafür sorgen, dass keine Gefahr im Verzug ist und der Mangel so klug und clever wie möglich verwaltet wird.

Der gesamte Sanierungsbedarf, so Rieseberg, ergebe sich aus ganz normalen Verschleißerscheinungen, die sich nach 50 Jahren nun einmal bemerkbar machten, da könne das Material noch so gut sein. Aber Petitessen wie Schönheitsreparaturen, um den schäbigen Eindruck mancherorts zu mildern, muss er seinen Nachfolgern überlassen. Er hat Prioritäten zu setzen, zu entscheiden, ob er in moderne Sicherheitstechnik investiert oder in Farbe und Pinsel. So wird Hans-Joachim Rieseberg wohl noch weitere Jahre durch die große Eingangshalle gehen, die er "Höhle" nennt. Aber Staub und Schmutz konservieren ja bekanntlich.

Sybille Nitsche

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