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Nr. 12, Dezember 2003
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Der Coup - des Kaisers Bruder als erster TH-Ehrendoktor

Das Verhältnis Wilhelms II. zur Technik wird jetzt wissenschaftlich unter die Lupe genommen

Schnappschuss aus dem Jahre 1911: Automobilfan Prinz Heinrich startet in Hamburg bei einer Wettfahrt

Kaiser Wilhelm II. gilt als eine spannungsvolle Persönlichkeit in der deutschen Geschichte - auf der einen Seite Vergangenem verhaftet, auf der anderen den Blick in die Zukunft gerichtet. Im Urteil seines Vertrauten und Freundes Philipp Eulenburg: "Der Kaiser repräsentiert ... zwei total verschiedene Naturen: die ritterliche - im Sinne der schönsten Zeit des Mittelalters mit Frömmigkeit und Mystik - und die moderne." Theodor Fontane beurteilte ihn ambivalent: "Was mir an dem Kaiser gefällt, ist der totale Bruch mit dem Alten, und was mir an dem Kaiser nicht gefällt, ist das im Widerspruch dazu stehende Wiederherstellen des Uralten ... Er glaubt, das Neue mit ganz Altem besorgen zu können, er will Modernes aufrichten mit Rumpelkammerwaffen ..." Walther Rathenau brachte die Widersprüche auf die Formel von Wilhelms "elektrisch-journalistischem Caesaropapismus".

Den in diesen Zitaten vorhandenen Widersprüchen und den modernen Zügen in Wilhelms Persönlichkeit und Politik geht ein von der Fritz Thyssen Stiftung gefördertes Forschungsprojekt des Technikhistorikers Prof. Dr. Wolfgang König (Fakultät I, Geisteswissenschaften) nach. Es konzentriert sich auf das Verhältnis des Kaisers zu Technik und Industrie. Die Forschungsarbeit erstreckt sich auf die Rüstung von Heer und Marine, die Passagierschifffahrt, die Funktechnik, den Motorsport mit Automobil und Flugzeug, den Zeppelin, die Eisenbahnen, den Kanalbau, die Errichtung von Talsperren, die Architektur, die Welt- und Industrieausstellungen, die technische Bildung und die Ingenieurwissenschaften. Bekannt ist, dass Wilhelm II. 1899 den preußischen Technischen Hochschulen das Promotionsrecht verlieh. Bislang unbekannt war, dass Alois Riedler, der damalige Rektor der TH Berlin, einen weiteren Coup plante: Der Kaiser selbst sollte der erste Ehrendoktor der TH Berlin werden. Im Kultusministerium wollte man sich damit nicht anfreunden, sah man sich doch ohnehin mit Klagen über die Bevorzugung der Technischen Hochschulen gegenüber den Universitäten konfrontiert. Die Wahl fiel schließlich auf den Bruder des Kaisers, Prinz Heinrich von Preußen. Am 9. Januar 1900 wurde ihm die Würde eines Dr.-Ing. E.h. verliehen.

Im Nachhinein erwies sich Heinrich der Ehre durchaus als würdig. In der Geschichte des Motorsports kennt man ihn sowohl als Aktiven wie als Förderer des Automobil- und Flugsports und Inhaber mehrerer Scheibenwischerpatente. Sein erstes Auto, einen Dampfwagen, erwarb er 1902 auf einer Amerikareise. Im Sommer 1910 begleitete er den Grafen Zeppelin auf einer Fahrt mit dem Luftschiff nach Spitzbergen. Im November des gleichen Jahres machte er den Pilotenschein. Die Allgemeine Automobil-Zeitung würdigte seine technischen Kompetenzen anlässlich seiner Silbernen Hochzeit: "... er gehört zu den wenigen hohen Automobilisten, die nicht bloß das Steuer ihres Wagens meisterlich und korrekt zu führen wissen, dem Prinzen wohnen auch viele wertvolle technische Kenntnisse inne."

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