Wo Wissenschaft floriert, blüht die Wirtschaft
Politiker und Wirtschaftsvertreter diskutierten über Kürzungsvisionen
des Berliner Senats
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Wissenschaft ist Zukunft:
Setzt die Politik die Lernbegierde und das Potenzial der nächsten
Generation aufs Spiel? |
Herr Sarrazin besitze ein außergewöhnliches Talent
des Schockierens. Diese feinsinnige Umschreibung der öffentlichen
Wahrnehmung des Berliner Finanzsenators formulierte Christoph Stölzl,
Senator a. D. und Vizepräsident des Berliner Abgeordnetenhauses,
auf einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion am 27. Juni
in der TU Berlin. Damit legte er auch gleich den Finger in die Wunde.
Schwindelerregende Kürzungsvisionen hinterließen nicht
nur in den Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen dieser Stadt
Spuren, sondern zogen selbst internationale Reaktionen nach sich.
Dabei kreisten arge Bedenken immer wieder um die zentrale Frage
der Prioritätensetzung, die nicht erst der aktuelle rot-rote
Senat für Wissenschaft und Hochschule versprochen hatte. Gibt
es angesichts der finanziellen Entwicklung noch eine Prioritätensetzung
für die Wissenschaft?, fragte dann auch der Moderator Uwe Schlicht.
Die Spannweite der Antworten reichte von den realen, harten Haushaltszahlen
bis hin zu denkbaren Visionen für diesen Standort. Doch genau
in diesem Feld muss Berlin seinen Weg in die Zukunft finden. An
diesem Abend versuchten dies unter anderem Gesine Schwan, Präsidentin
der Europa-Universität in Frankfurt/Oder (Wissenschaftspolitiker
sind in der Minderheit), Klaus F. Zimmermann, Präsident des
Instituts für Wirtschaftsforschung, (Die Zukunftskarte für
Berlin ist die Vernetzung von Hochschule und Forschung), Karl Max
Einhäupl, Vorsitzender des Wissenschaftsrates (Wo heute Wissenschaft
floriert, wird in zehn Jahren die Wirtschaft blühen), und Thomas
Elsässer, Direktor des Max-Born-Instituts (Der Berliner Anteil
an Bewerbern für die Wissenschaft sinkt rapide).
Eine Prioritätensetzung über Geld allein sei sicher der
falsche Weg, bemerkte Schering-Vorstandsmitglied Günter Stock.
Er vermisse nicht nur mentale Prioritätensetzung, sondern auch
die Bürgergesellschaft, die auf Missstände hinweise. Manchmal
sei den Politikern eine Hundeleinen-Debatte wichtiger als die Diskussion
über die Hochschulen. Allein der SPD-Fraktionssprecher Bert
Flemming machte eine eindeutige Prioritätensetzung für
Wissenschaft aus, denn Berlin gäbe im Vergleich zu anderen
Bundesländern immer noch überdurchschnittlich viele Mittel
in diesen Bereich. Ganz anders sieht das offensichtlich Wissenschaftsstaatssekretär
Peer Pasternack. Er setzte kürzlich mit seinem angekündigten
Ausscheiden aus der Verwaltung persönliche Prioritäten.
Die Bedingungen für gestaltende Politik seien für ihn
derart verengt worden, "dass ich für mich keine Möglichkeit
sehe, über die Aufstellung des Doppelhaushaltes 2004/2005 hinaus
im Senat von Berlin mitzuwirken".
Nun sind die Sparvorgaben beschlossen (s. Artikel "Das
Feld ist abgesteckt"). Sie liegen zwar weit unter den Forderungen
des Finanzsenators, und doch sind es Einschnitte mit harten Konsequenzen.
An ihnen wird man den realen Umfang der Prioritätensetzung
festmachen. Jetzt ist es an den Hochschulpräsidenten, den verbleibenden
Spielraum in den Verhandlungen über die Hochschulverträge
auszubauen. Das werden wir mit aller Konsequenz verfolgen, gab sich
TU-Präsident Kurt Kutzler optimistisch.
stt
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