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Nr. 6, Juni 2003
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Im Prinzip zu begrüßen

Was die Fakultäten über die neue Zulassungsordnung denken

Hochschulen sollen mehr Studierende selber auswählen können. Im März dieses Jahres sprach sich die Kultusministerkonferenz für eine Erweiterung des ZVS-Auswahlverfahrens aus. Die Länder sollen die Wahl zwischen zwei Modellen haben, wonach sie entweder 25 oder 50 Prozent der Bewerber selbst wählen können (siehe auch Bericht "Unis sollen wählen"). Zum Wintersemester 2004/2005 soll der Startschuss fallen. TU intern fragte in den Fakultäten nach, wie dort das System umgesetzt werden könnte.

Prof. Dr. Ulrich Steinmüller,
Prodekan der Fakultät I, Geisteswissenschaften,
Institut für Sprache und Kommunikation
Generell ist der N. C. eine schlechte Lösung. Die Abiturnoten, die etwas über bereits erbrachte Leistungen in einigen Schulfächern aussagen, also zurückblickend bewerten, erlauben nach meiner Meinung keine zuverlässige Aussage über den Erfolg eines zukünftigen Studiums. Wartezeiten übrigens auch nicht. Da ist wohl schon eher die persönliche Einschätzung erfahrener Professorinnen und Professoren geeignet. Wie das aber an einer Fakultät wie der meinen mit mehr als 20 Studiengängen organisiert werden kann, ist mir noch völlig unklar.
Prof. Dr.-Ing. Günter Hommel,
Dekan der Fakultät IV, Elektrotechnik und Informatik,
Institut für Technische Informatik und Mikroelektronik
Ich habe mich sehr genau über den Ablauf des Auswahlverfahrens an der TU München erkundigt. Es wurde erstmals im vergangenen WS 02/03 mit großem Erfolg durchgeführt und erlaubte es den Universitäten, alle Studierenden selbst auszuwählen. Ich halte dies für das richtige Verfahren. Es hat nämlich gezeigt, dass man selbst bei großen Bewerbungszahlen einen erheblichen Anteil der Auswahl über persönliche Auswahlgespräche durchführen kann, die ausnahmslos von den Professor(innen)en geführt wurden. Wenn man vorab eine Selektion hervorragender Schüler(innen) aufgrund herausragender Leistungen in der Schule trifft, bleiben vielleicht noch 20 persönliche Gespräche für jeden Kollegen. Das ist problemlos durchführbar. An der TU Berlin wären es vermutlich erheblich weniger Gespräche, da uns die Politik ja nicht für so mündig hält, dass wir die Auswahl aller Studierender durchführen dürfen.
Prof. Dr. Fredi Tröltzsch,
Fakultät II, Mathematik und Naturwissenschaften,
Institut für Mathematik
Konkrete Pläne für ein Auswahlverfahren haben wir noch nicht. Wir hatten während einer Fakultätssitzung über einen Numerus clausus diskutiert und diesen nicht für gut befunden, weil auf diese Weise wegen der damit verbundenen Anmeldefristen eine sehr geringe Zahl von Studenten zu erwarten ist. Als Alternative zum Numerus clausus hatten wir daher vorgeschlagen, eine Aufnahmeprüfung zu fordern. Ob und wie wir das jedoch handhaben würden, darüber ist bisher nicht gesprochen worden. Hier sind wir am Anfang einer Diskussion, die nicht von uns initiiert worden ist.
Prof. Dr. Rolf Möhring,
Fakultät II, Mathematik und Naturwissenschaften,
Institut für Mathematik
Ich begrüße die Verstärkung des Auswahlrechts und denke, dass ich damit für die Mehrheit in der Fakultät II spreche. Wie in der Musik oder im Sport selbstverständlich, ist Eignung auch in der Mathematik und den Naturwissenschaften unerlässlich für ein erfolgreiches Studium. Schade, dass Berlin nur das "kleine" 25-Prozent-Modell wählen will, ich halte das 50-Prozent-Modell für angemessener. Über die Umsetzung muss noch diskutiert werden. Denkbar wäre hier die Anlehnung an das sehr erfolgreiche Modell der TU München für die Zulassung zum Mathematikstudium, siehe www.ma.tum.de/eignung/. Es basiert auf einer schriftlichen Bewerbung mit Lebenslauf, Zeugnis und Motivationsschreiben und gegebenenfalls einem anschließenden Auswahlgespräch. Dabei wird kein Bewerber ohne Auswahlgespräch zurückgewiesen.
Professor Dr. Peter Erdmann,
Dekan der Fakultät I, Geisteswissenschaften,
Institut für Sprache und Kommunikation
Zulassungsverfahren sind eine gute Idee und im Prinzip zu begrüßen. In Anbetracht der hohen Zahl an Bewerbungen für die verschiedenen Studiengänge der Fakultät I ist es aufgrund des unzureichenden aktuellen Personalstandes nicht möglich, diese Idee in die Tat umzusetzen.
Prof. Dr. Reinhard Schomäcker,
Fakultät II, Mathematik und Naturwissenschaften,
Institut für Chemie
Wir haben in der Chemie zum ersten Mal einen Numerus clausus. Nachdem unsere Anfängerzahlen in den vergangenen Jahren erfreulich gestiegen sind, lagen wir zuletzt bei 30 bis 50 Prozent über unserer Aufnahmekapazität für Studienanfänger. Allerdings hatten wir, wie sich zeigte, auch sehr viele so genannte "Park-Studenten" dabei, das heißt Studierende, die in anderen Fächern wie zum Beispiel der Biotechnologie, Pharmazie oder der Medizin keinen Platz bekommen hatten. Wenn sich diese Studienanfänger durch die NC-Einführung nicht mehr für einen Studienplatz in Chemie bewerben, werden wir sicher gar nicht mehr an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen und auf begrenzende Auswahlgespräche verzichten können.
Prof. Dr.-Ing. Günther Clauss,
Dekan der Fakultät V, Verkehrs- und Maschinensysteme,
Fachgebiet Meerestechnik
Wir sind für rund 4500 Studierende in den Kernbereichen der TU Berlin verantwortlich, an deren Erfolg uns sehr viel liegt. Dieser wäre durch eine Auswahl von motivierten und begabten Studienanfängern natürlich leichter zu erreichen. Bei der derzeitigen Überlast des wissenschaftlichen Personals und fast 1000 Studienanfängern pro Jahr ist aber an Auswahlgespräche nicht zu denken. Jedoch ist vorstellbar, dass unter Ausnutzung der Synergieeffekte in der Fakultät zum Beispiel unsere Psychologen ein Testprogramm entwickeln, das effizient die Eignung und Motivation der Bewerberinnen und Bewerber überprüft. Das Auswahlverfahren könnte dann nicht nur als Prüfungsinstrument, sondern auch als Beratungsinstrument in Bezug auf Motivation und Eignung für die Studienentscheidung eingesetzt werden.
Prof. Dr. Lutz-Günther Fleischer,
Dekan Fakultät III, Prozesswissenschaften,
Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie
Es ist grundsätzlich richtig, das Mitspracherecht der Hochschulen zu erhöhen. Wir neigen dabei dem 50-Prozent-Modell zu. Insbesondere für Ingenieurstudiengänge erfasst nämlich die Abiturnote notwendige Fähigkeiten und Spezifika nur unzureichend. Zu bedenken ist natürlich, wer diese Auswahl schließlich begleiten soll und auch - nicht unwichtig - welche Kriterien überhaupt rechtlich zugelassen sind. Eine Ablehnung muss entsprechend juristisch abgesichert sein, damit uns nicht eine Klagewelle ins Haus steht. Dieses ist aber für uns kein Hinderungsgrund, der Idee näher zu treten.
Prof. Dr. Axel Hunscha,
Dekan Fakultät VIII, Wirtschaft und Management,
Fachgebiet Rechtswissenschaft, Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Prozessrecht
Ich begrüße größere Entscheidungsspielräume im Hinblick auf die Immatrikulation von Studierenden. Das Auswahlrecht kann einen wichtigen Beitrag leisten, um die Qualität unserer Lehre und Forschung zu sichern.
Verwaltungstechnisch wird die Umsetzung des Modells neben den schon aktuell zu bewältigenden Aufgaben wie Modularisierung und Evaluierung ohne Stellenzuweisungen ein kaum zu lösender Kraftakt sein.

 

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