Telefunken: Ein Start-up wird 100
Georg Graf von Arco machte Berlin zum "Elektropolis"
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Efeuumrankt: Graf von Arcos
Grabstein in Stahnsdorf |
Vor genau hundert Jahren wurde Georg Graf von Arco technischer
Direktor von "Telefunken". Der ehemalige Assistent des
TH-Professors Adolf Slaby war an dessen funktechnischen Experimenten
beteiligt und gehörte zu den Pionieren der drahtlosen Telegrafie
und der Rundfunktechnik, jener Spitzentechnologien des frühen
20. Jahrhunderts. Als Wissenschaftler hatte von Arco keine Berührungsängste
gegenüber der Industrie. Der geniale Organisator verstand es,
technische Innovationen in marktführende Produkte zu verwandeln.
Aber er achtete auch auf ein kreatives, menschliches Klima in seinen
Unternehmungen, auf das Zusammenspiel der Spezialisten.
Graf Arco war - wie Manfred von Ardenne schrieb - in den frühen
Zwanzigerjahren das Leitbild einer ganzen Generation von jungen
Technikpionieren. Aus seiner schlesischen Heimat kam der zwanzigjährige
von Arco 1889 nach Berlin zum Mathematik- und Physikstudium. Nach
diesem zweisemestrigen Intermezzo entschied er sich für eine
Offizierslaufbahn bei den Gardeschützen. Doch bald erkannte
von Arco, dass seine Bestimmung nicht im Militärischen lag,
sondern in der Technik. Er kehrte zum Studium an die TH Berlin zurück,
wo er bis 1898 Maschinenbau und Elektrotechnik studierte und Assistent
der Professoren Riedler und Slaby wurde. Im Sommer 1897 nahm er
an den legendären Versuchen mit drahtloser Telegrafie um die
Sakrower Kirche in Potsdam teil (TU intern
5/2003).
Bereits ein Jahr danach erhielt von Arco die Aufgabe, im Kabelwerk
Oberspree der AEG eine funktelegrafische Abteilung aufzubauen und
das "Slaby-Arcosche Funksystem" zu perfektionieren. Er
konkurrierte mit dem System des Straßburger Professors Ferdinand
Braun, der mit Siemens zusammenarbeitete. Die Deutschen wiederum
standen im Wettbewerb mit dem Marconischen System aus Großbritannien.
Kaiser Wilhelm II. veranlasste schließlich den Zusammenschluss
der beiden deutschen Giganten und im Jahre 1903 wurde von Siemens
& Halske und der AEG die Gesellschaft für drahtlose Telegraphie
gegründet, später "Telefunken". Georg Graf von
Arco, der erste technische Direktor, leitete das Unternehmen mit
großer Energie und Weitblick für Innovationen. So initiierte
er 1906 eine firmeneigene Versuchsstation, die Großfunkstelle
Nauen, die sich in der Folgezeit zu einer der wichtigsten Großstationen
im Weltfunkverkehr entwickelte. In den Zwanzigerjahren interessierte
sich von Arco für den praxiswirksamen Ausbau der Bildtelegrafie
(Siemens-Karolus-Telefunken).
Als begeisterter Autofan war von Arco daneben viele Jahre Präsident
der Automobil- und Flugtechnischen Gesellschaft. Zusammen mit Albert
Einstein vertrat er 1919 in Wort und Schrift einen pazifistischen
Antikriegsstandpunkt und galt bald als "roter" Graf.
Als von Arco 1931 "Telefunken" verließ, gehörte
das Unternehmen weltweit zu den elektrotechnischen Produkt- und
Marktführern. Berlin war "Elektropolis". Graf von
Arco starb am 5. Mai 1940 in Berlin. Seine letzte Ruhestätte,
ein Ehrengrab der Stadt Berlin, befindet sich auf dem Waldfriedhof
in Stahnsdorf.
Hans Christian Förster
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