Im Reich der Mitte gibt es keinen TÜV
TU-Lehrstuhl bietet China Unterstützung im Rettungs- und
Gesundheitswesen für Olympia 2008 an
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Der Regierende Bürgermeister
von Berlin, Klaus Wowereit, übergibt seinem Amtskollegen
in Peking, Wang Qishan, die Gastgeschenke aus Berlin |
Nützliche Gastgeschenke übergab Bürgermeister
Klaus Wowereit bei seiner Chinareise Anfang Juni dem Oberbürgermeister
Pekings, Wang Qishan, im Namen Berlins: acht Beatmungsgeräte
der Dräger Medical AG in Lübeck, ein Ultraschall-Diagnosegerät
der Siemens AG und einen Niedertemperatur-Sterilisator der Firma
Webeco. Und auch die TU Berlin beteiligte sich: So ergänzten
der AwB-Lehrstuhl
für Arbeitswissenschaft & Produktergonomie (AwB) und
die daraus ausgegründete Genossenschaft Institute
for Health Care Systems Management Berlin eG (HCMB) auf Grundlage
einer langjährigen Zusammenarbeit mit der Firma Dräger
dieses Geschenk mit einem Gutschein für ein "Executive
Training for Technology Management in Health Care Systems".
"Der Bedarf für das
zu vermittelnde Wissen ist groß. Viele Defizite bestehen
beispielsweise hinsichtlich der Wartung und Instandhaltung von
Medizingeräten." |
"Dieser exklusive zweiwöchige Trainingskurs ist für
den Herbst dieses Jahres geplant und wird von Experten aus der AwB
und der HCMB mit maximal zwölf Teilnehmern durchgeführt,
der erste Teil in Berlin, der zweite in Peking", sagt Prof.
Dr. med. habil. Wolfgang Friesdorf, Leiter der AwB und Vorstandsmitglied
der HCMB. "Ziel ist es, den Verantwortlichen für den Einsatz
von Medizinprodukten Managementkompetenz zu vermitteln."
Der Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft & Produktergonomie
von Professor Friesdorf ist auf das medizinische Arbeitssystem ausgerichtet.
Die Wissenschaftler konzentrieren sich unter anderem auf die Analyse
und Optimierung von Arbeitsabläufen, Arbeitsplätzen und
Produkten im Gesundheitswesen. Im Juni 2001 wurde aus der AwB mit
sieben Professoren der TU Berlin die Genossenschaft HCMB ausgegründet,
um die universitären Forschungsaktivitäten zur Verbesserung
der Gesundheitsversorgung umzusetzen. Das internationale Experten-Netzwerk
der HCMB reicht von Europa bis nach Japan und in die USA. Sie will
auf nationaler und internationaler Ebene Effizienz und Qualität
im Gesundheitswesen kontinuierlich und nachhaltig steigern sowie
innovative Systemlösungen erarbeiten. Als Genossenschaft verknüpft
die HCMB unternehmerische Ziele mit sozialer Verantwortung.
Das Beratungs- und Weiterbildungsangebot der HCMB umfasst derzeit
unter anderem Prozessmanagement, Arbeitsplatzgestaltung, Entwicklung
von neuartigen Versorgungssystemen sowie innovative Finanzierungs-
und Vergütungskonzepte. In Kursen unterstützt sie Entscheidungsträger
im Gesundheitswesen bei der Einschätzung ihrer vorhandenen
Optimierungspotenziale und bei deren nachhaltiger Freisetzung.
An der AwB arbeitet seit vier Jahren die chinesische Stipendiatin
Jing Wu. Sie schreibt dort ihre Doktorarbeit zum Thema: "Strategie
der Instandhaltung medizintechnischer Geräte in Entwicklungsländern".
Dafür hat sie bereits in China an fast 80 Krankenhäusern
Umfragen zum Zustand und zur Instandhaltung von Medizintechnik aus
Sicht der Benutzer und der Ingenieure durchgeführt. Wu wird
den Trainingskurs in Berlin und Peking begleiten. "Der Bedarf
in China für das zu vermittelnde Wissen ist groß",
sagt sie. "Viele Defizite bestehen beispielsweise hinsichtlich
der Wartung und Instandhaltung von Medizingeräten." Da
China Medizintechnik größtenteils importiert, fällt
den ausländischen Herstellern der Markteintritt leicht. Eine
Stabilisierung ist für sie dagegen sehr schwierig, denn China
ist mehr als dreißigmal so groß wie Deutschland, und
es ist kaum möglich, Service leicht erreichbar zu machen. Ein
Problem sei auch, sagt Wu, dass die Produktverantwortlichen die
angebotenen Servicepakete nicht kaufen. Dies liege einerseits daran,
dass sie schlecht einschätzen können, wie dringend diese
benötigt werden. Andererseits entspreche es nicht der chinesischen
Mentalität, für Service zu bezahlen. Für die Wartung
von Geräten gibt es nicht nur keine klaren Verordnungen und
Regeln, sondern auch keine unabhängigen Institutionen, die
Qualitätskontrollen durchführen, wie in Deutschland beispielsweise
der TÜV. Es gibt also kaum eine Kontrolle von dritter Seite,
wie lange die Geräte bereits in Betrieb und ob sie gut erhalten
und vollständig sind. Dies sei ein Grund dafür, warum
es im Einsatzbereich von Medizintechnik kein Instandhaltungsbewusstsein
gibt, meint Wu. An diesen Problemen setzt das Seminar von Friesdorf
und seinen Mitarbeitern an. Im ersten Teil möchten sie - in
Berlin - darstellend am Einsatz von Medizintechnik in Deutschland
Wissen über Gerätemanagement und Gerätelogistik vermitteln.
Im zweiten Teil werden - in Peking - die Ergebnisse diskutiert und
auf die Situation in China übertragen. Dabei stellen die Experten
den Teilnehmern Abläufe von der Entscheidung für Geräte
über deren Instandhaltung und Wartung bis hin zum Ausmustern
von Geräten dar und diskutieren auch die Beschaffung und adäquate
Entsorgung von Verbrauchsmaterial, wie zum Beispiel Schläuchen
für Beatmungsgeräte. Auch die Wichtigkeit von klaren Verantwortungsgrenzen
wird erläutert. Die Schulungskonzepte werden anschließend
diskutiert, was den Teilnehmern ermöglicht, ihr erworbenes
Wissen weiterzugeben. Die Möglichkeiten der Veränderung
durch nur einen Kurs sind begrenzt, und so sagt Friesdorf: "Erfolgreich
ist der Kurs, wenn wir Interesse an weiteren Schulungen wecken."
Auch in Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking möchten
die AwB und HCMB ihr Wissen bei der Ausgestaltung des Rettungs-
und Gesundheitswesens in China anbieten. Friesdorf sieht darin "die
Möglichkeit einer langfristigen und engen Zusammenarbeit zwischen
der TU Berlin und China". Dabei möchten die Experten in
den Kursen nicht Wissensinhalte vorschreiben, sondern den Produktverantwortlichen
neue Gebiete und Denkweisen eröffnen sowie entsprechende Analyse-
und Optimierungsmethoden offen zur Diskussion stellen, um sie an
die speziellen Anforderungen des chinesischen Marktes anzupassen.
Wu Jing,
Fachgebiet Arbeitswissenschaft & Produktergonomie
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