25 Sekunden "völlig losgelöst" über dem
Atlantik
TU-Student durfte beim Parabelflug mit der ESA Experimente durchführen
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Im leeren Flugzeug bauen die
Studierendengruppen ihre Experimente auf. Besondere Erfahrung
für Boris Wonneberger - als er die Augen wieder öffnet,
"sitzt" er an der Decke (Bild oben) |
Schwerelosigkeit selbst erfahren, der Traum eines jeden Luft-
und Raumfahrt-Studierenden. Boris Wonneberger hat ihn erlebt. Er
hatte sich bei dem diesjährigen European
Space Agency (ESA) Parabelflugexperiment beworben und war angenommen
worden. Wonneberger erdachte mit einer Gruppe anderer Studenten
ein Experiment, das Aufschluss über das "Wegstoßverhalten"
eines Satelliten im Raum geben sollte. Also: Kann ein Astronaut
einen Satelliten, den er im Raum absetzen will, von Hand weit genug
und präzise genug wegschleudern, um eine Kollision mit dem
Raumschiff und damit eine Beschädigung zu vermeiden?
"Im Parabelflug wird Schwerelosigkeit simuliert, indem das
Flugzeug ab einer bestimmten Höhe, 16000 Fuß, steil aufsteigt",
erklärt Boris Wonneberger. "Bei einem Anstiegswinkel von
45 Grad werden die Triebwerke auf Leerlauf geschaltet, die Steuersäule
losgelassen, und das Flugzeug durchfliegt eine Parabelkurve, in
der etwa 25 Sekunden lang völlige Schwerelosigkeit herrscht."
Zum Glück wird die Parabelkurve pro Flug mehrmals durchflogen,
denn beim ersten Versuch müssen sich alle erst eingewöhnen
und schaffen es kaum, innerhalb von 25 Sekunden ihr Experiment zu
starten.
Die ESA sucht jedes Jahr 30 Teams aus je vier Studierenden aus,
die an diesem Programm teilnehmen können. Der TU-Student hatte
sich während eines 10-monatigen Austauschaufenthalts in Bristol
mit weiteren Studierenden im ERASMUS-Austausch-Programm zusammengefunden,
um sich bei der ESA zu bewerben. "Ich hatte einen Kurs über
Satellitentechnik belegt und erfuhr so von einem Satellitenprojekt,
das zurzeit in der Entwicklung steckt." Das Projekt hieß
Human Activated Nano-Satellite Deployment, kurz HAND. Es wurde ein
Demonstrationssatellit entwickelt, der später mit dem Space
Shuttle transportiert und dann von einem Astronauten per Hand (Human
Activated) ins All befördert wird. "Unsere Aufgabe war
es, herauszufinden, wie akkurat man einen stockartigen Satelliten
in Schwerelosigkeit von sich wegstoßen kann."
Für den Versuchsaufbau stand zwar nur wenig Geld zur Verfügung,
das auch noch für die medizinischen Untersuchungen reichen
musste. Doch schließlich konnte man sich mit einem Satellitenmodell
aus einem einen Meter langen und fünf Zentimeter dicken Plastikrohr,
dem befestigte Metallkörper das Trägheitsmoment verleihen
sollten, und einer Kamera zur Beobachtung auf den Weg nach Bordeaux
machen, wo der Parabelflug startet. "Völlig losgelöst",
spürt man dabei kaum den eigenen Körper, denn auch die
inneren Organe schweben. Boris Wonneberger beurteilt das Erlebnis
so: "Das Experiment ist bei diesem Abenteuer in der Schwerelosigkeit
zwar wichtig, wird durchgeführt und ausgewertet, aber im Grunde
spielt es nur die zweite Rolle. Für alle, die über eine
Astronautenlaufbahn nachdenken, ist dieses Programm ein absolutes
Muss, da man auch persönlichen Kontakt mit echten' Astronauten
bekommt."
Patricia Pätzold
www.estec.esa.nl/outreach/parabolic/
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