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Nr. 10, Oktober 2003
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Trotz Numerus clausus: Kein Verlust an Attraktivität

Wachsendes Interesse an Natur- und Ingenieurwissenschaften

 
  Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach, 1. Vizepräsident der TU Berlin, ist zuständig für den Bereich Lehre und Studium

Herr Steinbach, wie waren die ersten Erfahrungen, nachdem jetzt erstmalig der flächendeckende Numerus clausus zur Anwendung kam, der von den Berliner Universitäten als Reaktion auf die Sparmaßnahmen des Senats beschlossen worden war?

Nach derzeitiger Kenntnis haben wir mehr als 15000 Bewerbungen von Deutschen - dazu kommen noch mal erfahrungsgemäß 15 bis 20 Prozent an ausländischen Studienbewerbern -, die sich auf unsere 4700 NC-reglementierten Plätze bewarben. Wir haben damit eine Überzeichnung zwischen 1:3 und 1:4, ähnlich wie die Freie und die Humboldt-Universität. Es gab zum Glück keinen Einbruch der Bewerberzahlen, wie wir ihn früher nach der NC-Belegung einzelner Studiengänge hatten. Offensichtlich haben unsere Kampagnen in der Presse, in Schulen und anderswo Wirkung gezeigt. Ein Verlust an Attraktivität des Studienstandortes Berlin und insbesondere der Technischen Universität ist also glücklicherweise nicht zu beklagen.

Gab es viele Doppel- und Dreifachbewerbungen aus Angst, keinen Platz zu bekommen?

Aus Datenschutzgründen können wir natürlich keinen Einblick in die Bewerbungen bei anderen Universitäten nehmen. In den wenigen Studiengängen wie Mathematik und andere Naturwissenschaften, die auch FU und HU anbieten, wird es mit Sicherheit einen größeren Anteil an Doppel- oder gar Dreifachbewerbungen geben. Insgesamt gehen wir davon aus, dass wir die für uns berechneten Kapazitäten an Studienplätzen ausschöpfen werden.

Erfreulich ist, dass wir bereits seit zwei Jahren eine Trendwende verzeichnen, ein wieder ansteigendes Interesse an den Natur- und Ingenieurwissenschaften, unseren so genannten profilbildenden Studiengängen. Im vorigen Jahr konnten wir sogar eine Rekordzahl an Bewerbungen verbuchen.

Die Ingenieurverbände propagieren ja seit geraumer Zeit, dass wir, wenn die Anzahl der Studierenden in diesen Fächern nicht wieder drastisch anwächst, in absehbarer Zeit erneut in eine ähnliche Situation geraten werden, wie wir es in der Informatik hatten, dass zum Beispiel Green-Card-Aktionen der Bundesregierung durchgeführt werden müssen. Dieses wieder erstarkte Interesse müssen wir schon aus volkswirtschaftlichen Gründen für unsere Industrie kultivieren.

Wie konnte das Immatrikulationsverfahren bei dem Ansturm bewältigt werden?

Hier möchte ich ausdrücklich einmal die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung I, Studierendenservice/Immatrikulation, loben, die bis an die Grenzen der Erschöpfung gearbeitet haben. In ganz engen Fristsetzungen mussten und müssen sie eine ungeheure Anzahl von Studierenden mit Unterlagen, mit Zuweisungen von Studienplätzen oder Immatrikulationsurkunden versorgen, mitunter mehr als 900 Vorgänge täglich innerhalb der angebotenen Sprechstunden. Wir haben allerdings noch, das will ich hier nicht verhehlen, das eine oder andere logistische Problem im Bereich der Ersatzbescheinigungen für das BVG-Semesterticket. Ich bitte alle Beteiligten um etwas Geduld, hier kann es noch zu Verzögerungen von etwa 14 Tagen kommen. Selbst bei bestem Willen ist das in der augenblicklichen Situation nicht besser zu bewältigen.

Ich würde gern noch einen weiteren Aspekt anfügen: Insgesamt können wir beobachten, dass die sich verschärfende Konkurrenzsituation anscheinend zu besseren Schulnoten führt. Denn eine Zwei vor dem Komma ist, zumindest bei der Erstzuweisung, oft ein "K.-O.-Kriterium". Das muss auch eine Rückwirkung auf die Berliner Schulen haben. Bei dem anerkanntermaßen schlechteren Abiturdurchschnitt im Vergleich zum Bundesgebiet bedeutet das natürlich, dass hier auch ein Verdrängungsprozess für unsere eigenen Jugendlichen in Berlin stattfindet. Die Schulen werden für ein besseres Absolventenspektrum sorgen müssen.

Das Gespräch führte Patricia Pätzold

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