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Die Konkurrenz wird größer

Wie andere Länder mit der Professorenbesoldung umgehen und womit deutsche Hochschulen rechnen müssen

 
  Detlef Müller-Böling
Foto: CHE Gütersloh

Professor Müller-Böling, am 1. Januar 2005 tritt das im Frühjahr 2002 vom Bund verabschiedete neue Besoldungsgesetz bundesweit in Kraft. Der Bund hat den Ländern und den einzelnen Hochschulen breite Spielräume bei der Umsetzung gelassen. Müssen wir mit einer verschärften Konkurrenz unter den Bundesländern und Hochschulen rechnen?

Die Ansicht, alle Universitäten in Deutschland müssten gleich sein, hat ausgedient. Schon heute gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Hochschulen. Diese werden sich durch weitere Schwerpunktsetzungen und Profilbildungen in Zukunft noch verstärken. In diesem Sinn wird es auch eine zunehmende Konkurrenz um die geeigneten Personen geben.

Niedersachsen hat bereits ab 2003 die W-Besoldung mit einer so genannten "Leistungsbezügeverordnung" eingeführt. Wie sind die dortigen Erfahrungen?

Derzeit liegen im Wesentlichen Erfahrungen mit Berufungs- und Bleibeverhandlungen vor. Dabei zeigt sich, dass es kaum Akzeptanzprobleme gibt und keine Berufungsabsagen aufgrund der W-Besoldung erfolgt sind. Allerdings enttäuschte einige, dass die W-Besoldung als Leistungsvergütung nun individuell nicht deutlich höher ausfällt.

Auch andere Länder haben bereits Erfahrung mit leistungsorientierter Vergütung. Kann man das deutsche System damit vergleichen und was ist überhaupt übertragbar?

Die Besoldungs- und Versorgungssysteme in anderen Ländern lassen sich nur eingeschränkt mit der deutschen Situation vergleichen. Allerdings konnten wir in einer vergleichenden Studie zeigen, dass leistungsorientierte Professorenbesoldung international üblich ist, oft in Stufensystemen auf Antragsbasis erfolgt, dass die Besoldungs-Entscheidung üblicherweise in der Hochschulleitung unterstützt durch die Dekane erfolgt und kaum befristete Zulagen vergeben werden. Die Kriterien sind international an den Leistungen in der Forschung, der Lehre und den sonstigen Aktivitäten für die Hochschule orientiert. Diese Elemente finden in einigen deutschen Hochschulen - Niedersachsen, Bremen, Rheinland-Pfalz - bereits Anwendung und sind in vielen anderen im Gespräch.

Wie kann der möglichen Willkür bei der Vergabe der leistungsorientierten Mittel vorgebeugt und die Transparenz des Verfahrens gesichert werden?

Ein Antrag, in dem jede Professorin und jeder Professor anhand eines Sets an Kriterien ihre oder seine Leistungen einordnet und die höhere Besoldung begründet, scheint eine gute Basis für ein klares und transparentes Verfahren zu sein. Offene Entscheidungsstrukturen und -fristen sind ebenfalls notwendig, zum Beispiel Veröffentlichung der zu vergebenden Mittel sowie einer anonymisierten, aber geschlechterdifferenzierten Gehaltsstruktur, Antragsmöglichkeit alle drei Jahre zum 1. August, Entscheidung des Präsidiums zum 1. Dezember. Wenn dies gegeben ist, muss der Hochschulleitung aber auch zugestanden werden, dass sie, wie international üblich, die Entscheidung trifft.

Um welche Dimensionen geht es? Welche Leistungskriterien gibt es?

Leistungsdimensionen gibt es vielfältige. Man muss aber darauf achten, dass etwa die Drittmitteleinwerbung oder die Publikationen nur fächerdifferenziert zu bewerten sind. Besondere Leistungen in Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsförderung sind zu honorieren. Bei der Gewichtung und Feinabstimmung können die Hochschulen aber nach ihrem Profil frei entscheiden. So werden sich die Kriterienkataloge durchaus unterscheiden.

Könnte das neue System dazu führen, dass weniger leistungsorientierte Professoren nicht mehr die Hochschule wechseln, aus Angst, sich langfristig finanziell zu verschlechtern?

Professoren können die Hochschule nur wechseln, wenn sie auch einen Ruf erhalten. Den werden auch zukünftig nicht die "weniger leistungsorientierten Professoren" bekommen. Wie bisher können sie aber in Berufungsverhandlungen finanzielle Verbesserungen fordern. Wenn das die aufnehmende Hochschule nicht anbietet, wird es wohl kaum zu einem Wechsel kommen. Neu ist nur, dass man auch an der alten Hochschule ohne einen Ruf sein Gehalt erhöhen kann.

Besteht nicht die Gefahr, insbesondere für die Technischen Universitäten, dass bei der neuen Besoldung, die insgesamt für die persönlichen Bezüge eine Verschlechterung darstellt, keine Personen mehr aus der freien Wirtschaft gewonnen werden können?

Das hört man allenthalben, doch es stimmt nicht. Denn genau das ist durch die Festschreibung des Besoldungsdurchschnitts bundesgesetzlich vermieden worden. Pro Professor kann und muss die Hochschule durchschnittlich genauso viel Geld ausgeben wie bisher, zuzüglich der Steigerungen im Beamtenbereich. So kann die Hochschule Personen aus der Wirtschaft ähnliche Angebote machen wie bisher.

Die Hochschulen dürfen allerdings durchschnittlich nicht mehr pro Professor ausgeben als bisher. Das soll den Wettbewerb zwischen den Bundesländern begrenzen. Es behindert die Freiheit der Hochschulen bei Besoldungsausgaben zwar, schützt aber gerade auch die Berliner Hochschulen, die nicht zu den finanzstärksten der Republik gehören.

Das Gespräch führte Patricia Pätzold

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Prof. Dr. Detlef Müller-Böling ist Leiter des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh. Das CHE wurde 1994 von der Bertelsmann-Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz als gemeinnützige GmbH gegründet. Das Centrum begreift sich als keiner politischen oder gesellschaftlichen Organisation verpflichtet und entscheidet selbst über seine Projekte. Sein Anliegen ist es, durch die Entwicklung von Konzepten und Modellbeispielen die Leistungsfähigkeit der deutschen Hochschulen zu verbessern. Im Projekt "Einführung der W-Besoldung", das noch bis Ende 2004 läuft, wird auf eine möglichst wissenschaftsadäquate und sinnvolle Umsetzung der Dienstrechtsreform in Deutschland hingewirkt.

Detlef Müller-Böling (Hrsg.), Leistungsorientierte Professorenbesoldung. Grundlagen, Weichenstellungen, Optionen, Gütersloh, Verlag Bertelsmann-Stiftung, ISBN 3-89204-696-4

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