"Der Bachelor-Absolvent ist ein Rohdiamant"
Die Technischen Universitäten bestehen auf der Qualität
der deutschen Ingenieurausbildung
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Interview mit Jörg Steinbach,
1. Vizepräsident der TU Berlin |
Die TU 9 haben eine gegenseitige institutionelle Anerkennung
ihrer Bachelor- und Master-Abschlüsse besiegelt. Welchen Hintergrund
und welche Folgen hat das?
Wir sind uns einig: Die Qualität von Studiengängen wird
nicht durch Akkreditierung, also die Erfüllung von Minimalanforderungen
ohne eine Aussage über die Gesamtqualität, garantiert.
Erkennen aber Institutionen, wie die großen, traditionsreichen
TU 9, ihre Abschlüsse gegenseitig an, so sehen wir darin einen
Qualitätsmaßstab, der für unsere Studierenden gleichzeitig
eine Mobilitätsgarantie bedeutet. Sie werden ab sofort zwischen
den TU-9-Hochschulen auf Basis derselben Kriterien in die nächsthöhere
Qualifikationsstufe wechseln können wie Studierende der eigenen
Institution.
Die TU-9-Mitgliedshochschulen sagen: Der Bachelor öffnet
die Türen, der Master ist das Ziel. Was heißt das konkret?
Damit bekennen wir uns deutlich zum Bologna-Prozess und auch zu
einem wichtigen Paradigmenwechsel: Die Qualität von Studiengängen
soll nicht mehr durch den Input definiert werden - also Rahmenregelungen
der einzelnen Curricula, ausgedrückt durch Fächer, Stundenumfänge
und Credits -, sondern durch den Output, der in der Beschreibung
der Qualifikationen der Absolventen deutlich wird. Wir sagen damit
auch: Die Qualität eines deutschen Diplomingenieurs kann nicht
innerhalb von drei bzw. dreieinhalb Jahren - so wie die Bachelor-Studiengänge
geplant sind - vermittelt werden. Auch die 24 Mitglieder der Arbeitsgruppe
TU/TH in der Hochschulrektorenkonferenz haben sich unserer Position
nun angeschlossen.
Wertet das den Bachelor nicht ab? Die öffentliche Kritik
geht in diese Richtung.
Ich möchte mit einem Vergleich antworten: Der Absolvent eines
Bachelor-Studiengangs ist ein Rohdiamant, der ganz bestimmt seinen
Einstieg in die Wirtschaft findet. Ein Arbeitsmarkt für ihn
wird vorhanden sein, das zeigen auch die Umfragen. Dieser Rohdiamant
hat aber noch nicht seine endgültige Form gefunden. Erst ein
Master-Studiengang garantiert die gleiche Qualität wie die
heutige Diplomingenieur-Ausbildung, die weit über die Grenzen
Deutschlands anerkannt ist.
Im Gegensatz zu dem Beschluss der Kultusministerkonferenz wollen
die TU 9 auch in der Bachelor-Ausbildung ein "stärker
forschungsorientiertes" Profil anbieten, um sich von dem "stärker
anwendungsorientierten" Profil der Fachhochschulen zu unterscheiden.
Steuert man hier auf einen Konflikt zu?
Wir gehen nicht mit einer Kampfansage an die Fachhochschulen in
den Bologna-Prozess. Wir sagen nicht, dass wir ein besseres Angebot
schnüren, sondern ein anderes. Unsere Absolventen werden einen
anderen Jobmarkt bedienen. In mehr als der Hälfte der EU-Länder
gibt es ein duales Bildungssystem und den daran angeschlossenen
Arbeitsmarkt. Der Erfolg begründet die Berechtigung beider
Ausbildungsinstitutionen. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Qualitätssicherung
der universitären Ingenieurausbildung. Soll der universitäre
Bachelor auch den Weg in die Master-Phase öffnen, so muss er
forschungsorientiert angelegt sein. In diesem Punkt wird sich unser
Bachelor-Profil von dem der Fachhochschulen unterscheiden. Ich will
aber noch einmal betonen: Wir stehen mit der Technischen Fachhochschule
und der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft bereits in
der Entstehungsphase neuer Studiengänge in einem intensiven
Dialog.
Das Interview führte Stefanie Terp
www.tu-berlin.de/presse/doku/tu9/
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