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Juni 2005
 
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Was sich Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft von einer neuen Ära der Bildungspolitik wünschen

 
  Foto: TU-Pressestelle

Prof. Dr. Dres. h.c. Helmut Schwarz, TU-Professor und Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Politiker sollten weniger von Eliten und Exzellenzzentren reden, sondern endlich jene Randbedingungen schaffen, die es Universitäten ermöglichen, ihren Bildungs- und Forschungsauftrag zu erfüllen. Dazu gehören:

  • ein Ende der katastrophalen Unterfinanzierung;
  • eine vollständige Autonomie der Hochschulen: Halbe Autonomie gibt es so wenig wie halbe Schwangerschaften;
  • die ersatzlose Streichung des Hochschulrahmengesetzes: Universitäten sind keine nachgeordneten Behörden;
  • die überfällige Einrichtung eines sachgerechten Wissenschaftlertarifs: Der BAT hat ausgedient und verdient ein Rentendasein;
  • für den wissenschaftlichen Nachwuchs die Etablierung eines wirklichen "tenure track"-Systems, und schließlich
  • eine sachdienliche, nachhaltige und ideologiefreie Förderung von Frauen.

 
  Foto: TU-Pressestelle

Prof. Dr. Martin Grötschel, Sprecher des DFG-Forschungszentrums "Mathematik für Schlüsseltechnologien"
Ein großes Problem der deutschen Wissenschaftspolitik ist die Zersplitterung von Kompetenzen. Denken wir nur an das Scheitern der Pläne für Elite-Universitäten etc. Ist nur die Politik schuld? Wir Wissenschaftler "vernetzen" Kompetenzen auch gerne, um zum Beispiel den einen gegen den anderen ausspielen zu können. Dies gilt auf allen Ebenen. Unsere universitären Entscheidungsstrukturen sind - freundlich ausgedrückt - "barock". Die Folge ist eine massive Verlagerung von Arbeitszeit für Forschung und Lehre auf Gremien- und Beratungstätigkeit. Wir brauchen dringend besseres Wissenschaftsmanagement, Konzentration der Kräfte, die richtige Mischung von Autonomie und Abhängigkeit. Kurz gesagt: effizientere Strukturen. Diese Forderung richtet sich nicht nur an die Politik, sondern auch an uns selbst.


 
  Foto: privat

Prof. Dr.-Ing. Christian Thomsen, Dekan Fakultät II, Mathematik und Naturwissenschaften
Rot -Grün hat in der Bildungspolitik eine Reihe von bemerkenswerten Initiativen begonnen, sie aber leider nur ungenügend oder lebensfern umgesetzt.
Daraus ergibt sich für die nächste Bundestagsperiode die Forderung nach Kontinuität in den großen Zielen und den systematischen Umstrukturierungen bei gleichzeitiger sachgerechter und sachorientierter Umsetzung. Nicht wünschenswert wäre eine Verunsicherung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch weitere tief greifende Reformen. Insbesondere sehe ich akuten Handlungsbedarf bei der Stabilisierung der Juniorprofessur, bei der gezielten Eliteförderung - statt der Diskussion darum, was Elite eigentlich ist -, bei der Umsetzung der Leistungsfähigkeit des Diploms in die zweistufige Ausbildung Bachelor/Master und bei der Besoldungsstruktur der Hochschullehrer (W3/W2-Regelung) und der zukünftigen Abgänger mit einem Bachelorabschluss (BAT).


 
  Foto: Schering AG

Prof. Dr. Günter Stock, Mitglied des Vorstandes der Schering AG, Sprecher der Initiative "an morgen denken"
Globalisierung bedeutet nicht zuletzt auch Wettbewerb um die besten Köpfe. In diesem Zusammenhang kann es nicht darum gehen, den so genannten "Brain Drain" zu verhindern, sondern vor allem muss der "Brain Gain" verstärkt werden. Wir müssen also alles daransetzen, einerseits den internationalen Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu fördern, andererseits aber auch dafür Sorge zu tragen, dass genügend kreative Köpfe nach Deutschland kommen oder nach ihrer Ausbildungszeit nach Deutschland zurückkehren.
Wer Veränderung will, muss gut gemeinte Appelle durch konkrete Infrastrukturmaßnahmen unterstützen.


 
  Foto: TU-Pressestelle

Prof. Dr. Ulf Stahl, Dekan der TU-Fakultät III, Prozesswissenschaften
Folgendes scheint mir von größter Wichtigkeit:

  • Einführung von Studiengebühren, allerdings nur dann, wenn gleichzeitig die dadurch entstehenden sozialen Zwänge/Ungerechtigkeiten ausgeglichen werden.
  • Außerdem muss sichergestellt sein, dass diese Gebühren bei der Universität verbleiben und der Landeszuschuss nicht entsprechend gekürzt wird.
  • Klare Strukturierung und Zuordnung im Professorenbereich, zum Beispiel nach dem Model Assistant, Associate und Full Professor bilden eine Lehr- und Forschungseinheit (Department). Mit der Einführung der Juniorprofessuren wurde hier wohl ein punktueller Anfang gemacht, doch eine strukturelle Weiterentwicklung ist bisher nicht in Sicht.
  • Abitur spätestens nach der 12. Klasse und Auswahl der Studienanfänger/innen durch die Universität nach studiengangspezifischen Kriterien.

 
  Foto: TU-Pressestelle

Prof. Dr. Thomas Sikora, Dekan Fakultät IV, Elektrotechnik und Informatik
Die Förderung von Wettbewerb unter den Hochschulen halte ich für sinnvoll, um so Profilbildung und Qualität in Lehre und Forschung zu forcieren. Eine zukünftige deutsche beziehungsweise europäische Bildungspolitik muss aber die Hochschule von staatlicher Überregulierung entfesseln sowie Exzellenzzentren und eine adäquate Ausstattung für Lehre und Forschung nachhaltig fördern. Dabei muss das Prinzip der Chancengleichheit für Universitäten in Deutschland gelten. Gerade das Berliner Umfeld zeigt, wie aus Kostengründen starke Berliner Universitäten und Fakultäten im Bundesvergleich systematisch geschwächt werden.


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