"Innovative Labs" - neue Orte des kreativen Austauschs
Die TU Berlin bewirbt sich mit sechs Anträgen um Fördermittel
im Exzellenzwettbewerb der deutschen Universitäten
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Prof. Dr. Kurt
Kutzler, Präsident der TU Berlin
Foto: TU-Pressestelle/Dahl |
TU intern: Der 30. September war der erste Stichtag für
die Abgabe von Anträgen zur Exzellenzinitiative. Welche Bilanz
können Sie jetzt schon ziehen?
Prof. Dr. Kurt Kutzler: Die Initiative wirkt wie ein Initialfunken
zur rechten Zeit. In der TU ist eine deutliche Aufbruchstimmung
zu spüren. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
engagierten sich mit einem Höchstmaß an Zeit und Ideen
für ihre Projektausarbeitung. Auch die Universitätsleitung
war gefordert. Starke Konkurrenz und ein harter Wettbewerb haben
positive Energien freigesetzt, die wir in ein hohes Qualitätslevel
der Projekte umgewandelt haben.
Wie ist die TU Berlin bei der Ausarbeitung der Anträge
vorgegangen, wie wurden die Themen gefunden?
Es gab thematische Vorschläge aus der Universitätsleitung
und Interessenbekundungen aus unseren starken Forschungsschwerpunkten
und -verbünden. In einer gemeinsamen Diskussion schälten
sich die Favoriten für die Antragstellungen heraus. Als einzige
Universität in Berlin haben wir für die Begutachtung der
potenziellen Anträge einen externen Gutachterstab ins Haus
geholt. Damit bekamen wir eine zusätzliche Sichtweise auf unsere
Pläne. Unsere beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
allesamt gestandene Forscherpersönlichkeiten mit internationalem
Renommee, haben das sehr begrüßt. Wir sind also bestens
gerüstet. Nichtsdestotrotz müssen wir damit rechnen, dass
sich nicht alle Hoffnungen erfüllen. Insgesamt reichten die
deutschen Hochschulen für 157 Exzellenzcluster und 135 Graduiertenschulen
Antragsskizzen bei der Deutschen
Forschungsgemeinschaft ein. Letztendlich werden in der ersten
Ausschreibungsrunde aber nur 15 Cluster, 20 Graduiertenschulen und
eine unbestimmte Zahl von Zukunftskonzepten ausgewählt. Der
Initialfunke soll jedoch nicht nach wenigen Monaten verglüht
sein. Die Anträge von uns, die nicht durch die Exzellenzinitiative
gefördert werden können, unterstützen wir über
den Wettbewerb hinaus. Das ist mir wichtig.
Die TU Berlin hat sich nicht nur um Exzellenzcluster und Graduiertenschulen
beworben, sondern auch für die dritte Fördersäule,
den Ausbau der Spitzenforschung. Welches Konzept verfolgen Sie hierbei?
Wir werden auf unserem Campus mehrere "Innovative Labs"
aufbauen. Sie sind nach außen deutlich sichtbare Andockstellen
für Wissenschaft und Wirtschaft. Ein Beispiel dafür ist
das künftige "European Center for Information and Communication
Technologies at TU Berlin". Hier stehen uns Siemens,
Deutsche Telekom
und die Fraunhofer-Gesellschaft
als Partner zur Seite. Weitere Labs könnten in den Bereichen
Energie oder Gesundheit entstehen. Auf jeder dieser Plattformen
bildet sich ein interdisziplinärer Forschungsverbund unter
Beteiligung der Wirtschaft. Unsere Forscherinnen und Forscher, die
sich aus zahlreichen Disziplinen dort zusammenfinden, sichern mit
ihrem unterschiedlichen Wissen und ihren verschiedenen Problemlösungen
ein ganzheitliches, systemisches Denken. Heute erfordern gesellschaftliche
und wirtschaftliche Fragestellungen Systemkompetenz. Die "Innovative
Labs" sind die zukünftigen Modelle für den Wissenstransfer.
Der Technologietransfer in kleinen Schritten gehört also
der Vergangenheit an?
Ja, mit unseren "Innovative Labs" reagieren wir auf neue
Bedürfnisse und kreieren eine Marke mit Anziehungskraft. Die
Industrie braucht nicht mehr nur den einzelnen Partner in einem
Fachgebiet, nein, sie will auf Experten aus verschiedenen Gebieten
zugreifen und verlangt nach komplexen Problemlösungen und Systemdenken.
Die Labs sollen auch die Ansiedlung neuer Firmen, die Schaffung
von Arbeitsplätzen durch Spin-offs und damit die Stärkung
der Wirtschaftskraft zur Folge haben.
Welche Wirkungen können die "Innovative Labs"
in die Universität hinein haben?
Die "Innovative Labs" geben neue Impulse für eine
wissenschaftliche Vernetzung. Unsere Studierenden bekommen zudem
die Chance an praxisnahen Forschungsprojekten mitzuarbeiten und
lernen schon frühzeitig potenzielle Arbeitgeber kennen. Es
entstehen also neue Orte des kreativen Austauschs. Die Wirtschaftsvertreter
wiederum werden nicht nur eine verlässliche Adresse für
Forschungskooperationen und Personalrecruiting haben, sondern auch
für ihre Weiterbildungsbedürfnisse und die Weitergabe
ihres Praxiswissens in die Universität.
Welchen Stellenwert hat die Grundlagenforschung?
Die "Innovative Labs" stärken sich aus den Kompetenzen
der Universität und unserer Partner, zumeist aus der Industrie.
Letztere verfolgen einen starken anwendungsorientierten Forschungs-
und Entwicklungsansatz. Eines unserer Pfunde, die wir als Universität
in die Waagschale werfen, ist unsere Grundlagenforschung. Sie ist
eine unserer essenziellen Aufgaben. Von ihr kommen die Impulse,
die neue Forschungsrichtungen eröffnen und Innovationen ermöglichen.
Das Gespräch führten Kristina R. Zerges und Stefanie
Terp
Was
die TU Berlin in die Waagschale wirft
Der Exzellenzwettbewerb
Fast 300 Anträge für die ersten 190 Millionen
Euro
Bis zum 30. September wurden bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Antragsunterlagen für 157 Exzellenzcluster und für
135 Graduiertenschulen eingereicht. 20 international besetzte
Gutachtergruppen werden sie bis Mitte Dezember prüfen.
Danach beschließt die Gemeinsame Kommission von DFG
und Wissenschaftsrat
Ende Januar 2006, welche Initiativen in die zweite Auswahlrunde
kommen. Die Universitäten müssen dann ihre ausgearbeiteten
Anträge bis 20. April 2006 vorlegen. Etwa 35 bis 40 Anträge
auf Exzellenzcluster und zirka 50 bis 60 Anträge auf
Graduiertenschulen wird das betreffen. Die Begutachtungen
finden im Sommer 2006 statt. Die Förderentscheidungen
sollen Ende Oktober 2006 bekannt gegeben werden. Geplant ist
für die erste Ausschreibungsrunde die Einrichtung von
rund 20 Graduiertenschulen und 15 Exzellenzclustern sowie
eine noch offene Zahl von Zukunftskonzepten. Dafür stehen
insgesamt pro Jahr 190 Millionen Euro zur Verfügung.
Für den Mai 2006 ist die zweite Ausschreibungsrunde geplant.
Dazu sollen die Förderentscheidungen im Herbst 2007 getroffen
werden. Die Exzellenzinitiative, auf die sich Bund und Länder
nach langen Verhandlungen im Juni 2005 geeinigt hatten, umfasst
insgesamt eine Förderung von 1,9 Milliarden Euro für
den Zeitraum von 2006 bis 2011.
stt
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