Von Bewerbung, Numerus clausus und Wartezeit
Ein Studienberater erklärt euch,
wie ihr von der Schulbank in die Uni kommt
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Studienberater Wolfgang Müller-Büssow
kennt die Antworten auf die drängendsten Fragen
© TU-Pressestelle |
Das Abi-Zeugnis ist eingeheftet, die Abi-Party Vergangenheit.
Jetzt geht es los! Ihr müsst euch um einen Studienplatz kümmern.
Wo fängt man denn am besten an? Das ist alles gar nicht so
kompliziert, wie es zuerst aussieht. Wir haben für euch Wolfgang
Müller-Büssow gefragt, worauf ihr bei der Bewerbung achten
müsst. Er ist Leiter der TU-Studienberatung.
Wie
kommt man am schnellsten und effizientesten an Informationen?
Im Zeitalter des Internets ist das leichter als früher. Zur
ersten Information gibt es zwei übersichtliche Portale: www.hochschulkompass.de
und www.studienwahl.de.
Hier erfährt man, wo man was in Deutschland studieren kann.
Daneben hat natürlich jede Hochschule einen eigenen Internetauftritt.
Unter der Rubrik "Studium" findet man dort Informationen
über Studium und Zulassung.
Was
muss man als Erstes tun?
Hat man eine Uni und einen Studiengang ausgesucht, muss man sich
dort über die Bewerbungsbedingungen informieren. Zwei wichtige
Termine sollte man dabei im Kopf haben: den 15. Juli für das
Wintersemester und den 15. Januar für das Sommersemester. Bis
dahin muss die Bewerbung bei der Hochschule eingegangen sein.
In
Berlin gibt es einen "flächendeckenden Numerus clausus",
NC genannt. Muss also jeder ein Superschüler sein, der in Berlin
studieren will?
Das ist natürlich nicht so. "Flächendeckend"
heißt, dass alle Berliner Studiengänge einen NC haben.
Die Berliner Finanznot hat die Universitäten gezwungen, eine
Höchstzahl von Studienplätzen festzulegen. Wenn es mehr
Bewerber für diese Plätze gibt, müssen die Bewerber
nach einem vorgeschriebenen Verfahren ausgewählt werden. Aber:
Bei vielen Studiengängen der TU Berlin hat in den letzten Semestern
der Platz für alle Bewerber ausgereicht, also auch wenn nicht
nur Einsen auf dem Zeugnis glänzten.
Wie
sieht denn das Zulassungsverfahren aus?
Wir vergeben derzeit 40 Prozent der Plätze nach der Wartezeit
und 60 Prozent nach der Abiturdurchschnittsnote. Als Wartezeit zählen
die Halbjahre, die seit dem Abitur vergangen sind (und in denen
man nicht studiert hat). Es lohnt also nicht, einfach irgendwas
zu studieren, um auf sein Wunschstudienfach zu warten, weil dieses
"Parkstudium" nicht als Wartezeit zählt. An der Note
ändert die Wartezeit nichts, wie Schüler teilweise annehmen,
die bleibt, wie sie ist.
Wichtig ist noch für Dienstleistende (Wehr- oder Zivildienst,
Freiwilliges Soziales Jahr usw.): Unbedingt schon während der
Dienstzeit bewerben, damit man bei verschlechterten Auswahlbedingungen
nach Dienstende bevorzugt zugelassen werden kann.
Wenn
man auf Anhieb keinen Studienplatz bekommen hat, kann man ja immer
noch auf Nachrück- und Losverfahren hoffen. Wann beginnen die
und wie sind die Chancen?
Etwa vier Wochen nach Bewerbungsschluss bekommen die Bewerber einen
schriftlichen Bescheid. Dann müssen sie bis zu einem festgelegten
Termin den Platz annehmen, sonst fällt er in den Pool für
die Nachrücker. Am Nachrückverfahren nimmt man ohne nochmalige
Bewerbung automatisch teil. Bleiben auch nach dem oder den Nachrückverfahren
Plätze frei, werden sie verlost. Auch am Losverfahren nehmen
die Studienplatzbewerber automatisch teil. Man kann aber auch ohne
vorherige reguläre Bewerbung am Losverfahren teilnehmen. Der
Antrag muss bis zum 1. Oktober für das Wintersemester oder
zum 1. April für das Sommersemester beim Immatrikulationsbüro
sein.
Und
wenn man auch beim Losverfahren nicht dabei war?
Dann kann man nur hoffen, beim nächsten Mal mit einem zusätzlichen
Wartesemester mehr Erfolg zu haben.
In nächster Zeit wird sich allerdings das Hochschulzulassungsverfahren
ändern und damit die Bedeutung der Wartezeit zurückgehen.
Nach dem neuen Berliner Hochschulzulassungsgesetz sollen die Hochschulen
einen Teil der Studierenden - bis zu 60 Prozent - selbst auswählen,
und zwar nach eigenen Kriterien, die zusätzlich zur Abiturnote
angewandt werden: zum Beispiel Eignungstests, die auf den gewünschten
Studiengang bezogen sind, Gewichtung von Abitureinzelnoten, die
für das Studienfach wichtig sind, praktische Erfahrungen, die
man schon gesammelt hat, oder Auswahlgespräche. Spätestens
zum Sommersemester 2007 ist es so weit.
Muss
man also schon bestimmte Profilkurse in der Oberstufe wählen?
Oder schließen bestimmte Profilkurse bestimmte Leute aus?
Derzeit nicht, auch wenn es natürlich empfehlenswert ist,
bei der Kurswahl die gewünschte Studienrichtung zu beachten.
Das neue Auswahlverfahren kann aber dazu führen, dass die Bedeutung
der Kurswahl für die Zulassungschancen steigt.
Ist
das zweistufige System eigentlich durchlässig? Ist ein späterer
Wechsel vom Diplom- zum Bachelor- oder Masterstudiengang möglich?
Wer mit einem Diplomstudiengang beginnt, hat die Garantie, dass
er diesen Studiengang innerhalb der Regelstudienzeit auch abschließen
kann. Ob und unter welchen Bedingungen der Wechsel in das Bachelorstudium
möglich ist, muss jeweils im Einzelfall geklärt werden.
Gilt
das alles auch für Leute mit einem ausländischen Pass?
Nur zum Teil. Alle, die das Abitur in Deutschland gemacht haben,
werden bei der Zulassung wie deutsche Abiturienten behandelt. Wer
ein ausländisches Zeugnis hat, muss sich über "Uni-Assist"
bewerben, wo die Zeugnisse geprüft und bewertet werden. Erst
danach kommt die Bewerbung zur TU. Im Einzelnen sind die Regelungen
recht kompliziert, sodass man sich unbedingt bei der Internationalen
Zulassung beraten und helfen lassen sollte.
Und
zum Schluss: Ersetzt eigentlich die Onlinebewerbung eine schriftliche
Bewerbung?
Nicht vollständig. Die eigenhändige Unterschrift ist
auf dem Ausdruck der Bewerbung immer noch erforderlich. Anschließend
muss man das Formular zusammen mit der beglaubigten Kopie des Abiturzeugnisses
per Post an die TU schicken. Die Onlinebewerbung hat aber für
Bewerber den Vorteil, dass automatisch auf Fehler beim Ausfüllen
aufmerksam gemacht wird.
Die Fragen stellte Patricia Pätzold
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