Ein gutes Gefühl
Warum sich Studierende ehrenamtlich engagieren
Zwei Drittel aller Studierenden engagieren sich ehrenamtlich,
zumindest gelegentlich. Rund sechs Stunden wöchentlich sind
sie im Jugend-, Sport- und Freizeitbereich, politisch, sozial oder
kulturell tätig. Doch es werden immer weniger. Das ergab eine
repräsentative Studie der Hochschul-Informationssystem
GmbH unter 4000 deutschen Studierenden. Zeitintensives Studium
oder der Zwang zum Geldverdienen werden meist als Gründe gegen
ehrenamtliches Engagement ins Feld geführt.
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Auch mit Strom
gut versorgt: Fachkenntnisse sind beim Technischen Hilfswerk
besonders gefragt
© privat |
Einer, der sich durch sein zeitintensives Studium nicht abhalten
lässt, ist der 22-jährige Matthias-René Dachner
aus Eberswalde. Er studiert im 5. Semester Physik an der TU Berlin.
In seiner Freizeit arbeitet er als Helfer in der Elektroversorgungsgruppe
und als Ausbilder und Prüfer für die Basisausbildung beim
Technischen Hilfswerk
(THW). Das kostet ihn viele Tage im Monat. Geld bekommt er für
seinen Einsatz nicht.
"Es macht mir einfach Spaß, etwas Sinnvolles zu tun,
anderen zu helfen, dafür Anerkennung zu bekommen", sagt
er zu seinen Motiven. "Außerdem lernt man vieles, was
man später im Leben und im Beruf brauchen kann: Teamwork, Verantwortung,
Entscheidungskraft, Umgang mit Menschen ...". Mit diesem Motiv
steht Matthias-René Dachner nicht allein. Der mögliche
Nutzen wird in der Studie am häufigsten als Grund für
gesellschaftliches Engagement genannt. Studierende nutzen das Engagement
oft bewusst, um bestimmte Schlüsselkompetenzen zu erwerben,
die in Studium und Beruf wichtig sind. 53 Prozent der Studierenden
sehen darin eine gute Möglichkeit, sich weiterzuqualifizieren
und die Chancen im späteren Berufsleben zu erhöhen. Für
gut die Hälfte der Aktiven spielt Idealismus eine Rolle, doch
Männer können durch eine mehrjährige Verpflichtung
auch den Wehrdienst umgehen. Matthias-René Dachner kam allerdings
bereits als Schüler zum THW. Er wollte seine Freizeit sinnvoll
gestalten und das mit seinem technischen Interesse verbinden. In
der Basisausbildung wird der Umgang mit schwerem Gerät wie
Kettensägen, hydraulischen Scheren oder Hebekissen gelehrt.
In Einsätzen und Übungen braucht es Taktik, strategisches
Denken und Organisation. Die Fachgruppe Elektroversorgung, in der
der Physikstudent tätig ist, sorgt zum Beispiel für die
unabhängige Energieversorgung bei Katastropheneinsätzen
oder Großereignissen. Auch andere Ehrenamtliche engagieren
sich am liebsten fachnah. Medizinstudenten nutzen zum Beispiel gern
die Möglichkeit, in Rettungsdiensten praktische Erfahrungen
zu sammeln. Für den THW-Helfer Matthias-René war der
Einsatz während der Fußballweltmeisterschaft 2006 aufregend.
Am Stadion wurden Leitungen verlegt, für Beleuchtung am Verbandsplatz
gesorgt und ein großer Aggregat-Wagen hätte im Ernstfall
- flächendeckender Stromausfall oder Terroranschlag - eine
lückenlose Versorgung der Rettungs- und Einsatzmannschaften
sichergestellt. "Die Erfahrung ist allemal so viel wert wie
Geld", sagt Matthias-René. "Und außerdem
ist das Gefühl gut."
Patricia Pätzold
https://hisbus.his.de/hisbus/docs/hisbus15.pdf
www.thw-berlin.org
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