Situation Metropole - wer verändert die Stadt?
Das Transatlantische Graduiertenkolleg diskutiert in New York urbane Probleme
"Die Metropole besitzt kein inneres Wesen, sie ist eine Situation", fasste der amerikanische Historiker Thomas Bender von der New York University den Gegenstand zusammen, zu dem elf mit dem Transatlantischen Graduiertenkolleg "Geschichte der Metropolen des 20. Jahrhunderts" assoziierte Doktorandinnen und Doktoranden sowie acht Professorinnen und Professoren Stellung nahmen. Das Kolleg, angesiedelt am
"Center for Metropolitan
Studies" der TU Berlin, war zu seiner zweiten Jahreskonferenz Anfang Oktober 2006 in New York. Eine Woche lang tauschten sich die Kolleginnen und Kollegen zum Thema "Divided Cities" über Gegenwart und Zukunft der großen Städte aus. Bender steckte das Forschungsfeld ab. Die "Situation Metropole" werde ebenso von menschlichen Akteuren beeinflusst wie auch von Faktoren wie Geografie, Verkehr und Infrastruktur. Auf den Alltag übertragen, werfe diese "actor-network-theory", wie sie in Geschichts- und Sozialwissenschaften genannt wird, etwa die Frage auf: "Kann ich in Los Angeles leben, ohne ein frustrierter Autofahrer zu werden?" Bender wehrte sich gegen physischen Determinismus. Die Stadt sei nicht durch ihre Lage und Struktur vorgeformt, individuelle politische Entscheidungen hätten nach wie vor die Kraft, sie zu verändern.
Seine Einschätzung wurde von den Konferenzteilnehmern aus verschiedenen Perspektiven kommentiert. Während Harald Bodenschatz, TU Berlin, die politischen Entscheidungsträger ermahnte, die kompakte Stadt wiederzubeleben, die Außenbezirke dabei aber nicht zu vergessen, beschäftigte sich Kenneth Jackson, Columbia University, mit lokalen Weichenstellungen, die innerhalb desselben politischen Systems Unterschiede in der Suburbanisierung hervorrufen.
In diesem Zusammenhang ging es auch um die Stadt im Kopf. Ignacio Farías, Doktorand im Transatlantischen Graduiertenkolleg, griff die Frage auf, inwiefern einzelne Akteure die Wahrnehmung der Stadt beeinflussen. Seine Arbeit konzentriert sich auf Stadtführungen in Berlin. Sein Kollege Jonathan Wynn vom Smith College in Massachusetts fragte nach dem Einfluss von "Signature Events" wie Musikfestivals in großen Städten. Margit Mayer, FU Berlin und Beirat im Transatlantischen Graduiertenkolleg, suchte den globalen Zusammenhang. Sie bezweifelte grundsätzlich, dass lokale Initiativen innerhalb der deutschen Politik der Sozialen Stadt notwendigerweise auch demokratischer sind. Wenn solche Ansätze in eine überregional angewandte Logik der auf Geschäftsentwicklung ausgerichteten Stadtpolitik eingebettet sind, so Mayer, können sie auf lokaler Ebene auch keine sozialen Verbesserungen erreichen.
Praktischen Einblick in die neuesten Ansätze der lokalen Stadtentwicklungspolitik in verschiedenen New Yorker Stadtteilen erhielten die Besucher aus Berlin auf Stadtrundgängen und in Begegnungen mit örtlichen Planungsgruppen.
Prof. Dr. Florian Urban,
Center for Metropolitan Studies der TU Berlin
|
|