12/06
Dezember 2006
TU intern
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Verlorenes Zentrum

TU intern befragt Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten, was für sie die spannendste Forschungsnachricht der jüngsten Zeit war und welches Thema mehr Aufmerksamkeit in den Medien verdient. Frank Grotelüschen ist freier Journalist. Er arbeitet unter anderem für die "Süddeutsche Zeitung" und die "Berliner Zeitung".

 
  Frank Grotelüschen,
freier Journalist
© privat

Die Welt besteht vor allem aus einer unbekannten "dunklen" Energie. Das ist die für mich aufregendste Erkenntnis der letzten Jahre. Sie prägt zwar kaum unseren Alltag, dafür aber umso nachhaltiger das Weltbild der Wissenschaft. Jahrzehntelang war man sicher: Das Universum besteht aus zwei Sorten von Materie - der gewöhnlichen, uns umgebenden Materie sowie der "dunklen", hinter der irgendwelche exotischen Elementarteilchen stecken mögen. Doch die einzige Erklärung für die Entdeckung, dass sich das All immer schneller ausdehnt statt immer langsamer, ist: Es muss eine geheimnisvolle Energie existieren, die den Kosmos auseinandertreibt wie einen gigantischen Hefeteig. Und: Diese "dunkle" Energie muss drei Viertel des Weltalls ausmachen - für mich eine weitere Episode jener kopernikanischen Revolution, die den Homo sapiens immer weiter aus dem Zentrum des kosmischen Geschehens verdrängt. Den schnöden Alltag hingegen bestimmen andere Strömungen: Internet, Handy und superfixe Computer. Und in den nächsten Jahren werden die Prozessoren nochmals um Größenordnungen schneller, kleiner, billiger. Die Folge: Rechenpower überall; Experten sprechen vom "verteilten Rechnen". Nahezu jeder öffentliche wie private Raum könnte dereinst mit unsichtbaren digitalen Helferlein gespickt sein, die uns ungefragt unter die Arme greifen. Doch wie dieser Trend unseren Alltag verändern könnte, welche Folgen er für die Gesellschaft hat - darüber liest man eher wenig. Vielleicht auch deswegen, weil die Technikfolgenabschätzung im Vergleich zu anderen Disziplinen auf Sparflamme kocht - schade eigentlich.

 

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