Groß-Berlin als Weltstadt des 20. Jahrhunderts
Orte der Erinnerung: Bruno Möhring war Architekt, Designer,
Stadtplaner des Jugendstils
Er gehört neben Bruno Schmitz und August Endell zu den
drei großen Architekten des Berliner Jugendstils. Als Konstrukteur
von Brücken und Viadukten sowie des Hochbahnhofs Bülowstraße
wurde er bekannt. Seine Ausbildung erhielt Bruno Möhring an
der Technischen Hochschule zu Berlin, die er nach fünf Semestern
ohne Examen verließ.
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Möhrings
Familiengrab in Marienfelde
© Förster |
Seit 1892 arbeitete Möhring als privater Architekt in der
Hauptstadt und war auch im Rheinland tätig. Der junge Bruno
Taut gehörte zu seinen Mitarbeitern. Neben Brückenbau
entwarf Bruno Möhring auch Villen und Großstadthäuser,
gestaltete Ausstellungshallen, wirkte als Stadtplaner und war seit
1899 Mitherausgeber der "Berliner Architekturwelt", einer
Bau- und Kunstgewerbezeitschrift, die den Übergang vom Historismus
zur architektonischen Moderne dokumentierte.
Geboren 1863 in Königsberg, wo er das Gymnasium bis zum Abitur
besuchte, absolvierte Möhring ein Architekturstudium an der
TH Berlin von 1886 bis 1888. Seine Lehrer waren die Professoren
H. Ende, C. Schäfer und der Brückenbaumeister J. E. Jacobsthal.
Nach einer italienischen Studienreise und einer Zeit als angestellter
Architekt machte er sich 1892 selbstständig. Einen guten Ruf
als architektonischer Gestalter von Ingenieurbauten erwarb er sich
1895 durch die Errichtung der Bonner Rheinbrücke. Obwohl Berlin
im Unterschied zu Paris, Brüssel, Düsseldorf, München
und Wien nicht zu den Hauptorten des "Art Nouveau" oder
"Modern Style" gehört, tragen dennoch die Möhring'
schen Stahlkonstruktionen der 1897 bis 1902 errichteten Hochbahnviadukte
und des Bahnhofs "Bülowstraße" in Schöneberg
unverkennbar Züge des Jugendstils. Das gilt auch für Möhrings
Stahlbrücke Swinemünder Straße im Wedding. Er entwarf
als Architekt und Designer die deutsche Präsentationshalle
für die Weltausstellung in St. Louis/USA im Jahre 1904. Das
Rathaus in Nikolassee und die Villa Möhring in Marienfelde
sind von ihm gestaltete Berliner Jugendstilbauten. Aber er betätigte
sich auch als Stadtplaner. Im Jahre 1910 legte Möhring zusammen
mit dem Nationalökonomen Eberstadt und dem Verkehrsingenieur
Petersen einen Generalbebauungsplan für Groß-Berlin vor,
der als Wettbewerbssieger preisgekrönt wurde. Möhring
wollte die alte konzentrische Stadtanlage aufbrechen, großzügige
und weit ausgreifende Verkehrsanlagen, die Zentrum und Peripherie
verbinden, schaffen und in monumentalen Baudenkmälern den Geist
und das Streben des wilhelminischen Deutschland nach einem "Platz
an der Sonne" verewigen. Später hat Albert Speer diesen
Entwurf für seine noch gigantischeren Pläne als Grundlage
genommen. Aber Möhring ging auch mit einer genialen Idee in
die Berliner Geschichte ein, die erst im Jahre 2006 Wirklichkeit
wurde. Er hatte schon 1910 die Vision, eine Verbindung zwischen
Potsdamer und Lehrter Bahnhof zu schaffen, um so eine neue unterirdische
Nordsüdlinie zu bauen. Sie sollte die alte Ostwestlinie der
Stadtbahn am Lehrter Bahnhof schneiden. Dieser Schnittpunkt wäre
dann der Ort für einen Berliner Zentralbahnhof. Der gesamte
Fernverkehr von Norden nach Süden sollte über diesen Knotenpunkt
geführt werden. Die innerstädtischen Bahnhöfe blieben
lediglich Durchgangsbahnhöfe und durch Unterirdischlegung der
Nord-Süd-Strecke könnte man freies Bauland für die
Stadt gewinnen, das durch Verkauf der kostspieligen Anlage finanziert
würde. Bruno Möhring starb am 26. 3. 1929 in Berlin und
fand seine letzte Ruhe in einem monumentalen Familiengrab auf dem
evangelischen Friedhof in Berlin-Marienfelde.
Hans Christian Förster
Weitere Artikel aus dieser Reihe unter:
www.tu-berlin.de/uebertu/erinnerung.htm
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