Die Weltmacht der Technik, die alle verstehen
Artur Fürst schrieb über große Entdeckungen
seiner Zeit
Er
war der bekannteste und meistgelesene Technikschriftsteller der
Weimarer Zeit. Sein vierbändiges Hauptwerk "Das Weltreich
der Technik", eine populärwissenschaftliche Beschreibung
der Technikentwicklung, erschien in kurzer Folge von 1923 bis 1927.
Es diente Generationen von Ingenieuren und Technikhistorikern als
kluges Nachschlagewerk: Artur Fürst, Absolvent der TH Berlin,
von dessen Leben, im Unterschied zu seinem Werk, wir relativ wenig
wissen. Er starb mit nur 47 Jahren - vor 80 Jahren - und war jüdischer
Herkunft, so dass nach 1933 sein Andenken nicht mehr gepflegt wurde.
Über sein Grab wuchs das Gras des Vergessens. Auch das Schicksal
seiner Familie, seiner Frau und seines Sohnes Peter, ist unbekannt.
Artur Fürst, geboren am 23. 2. 1880, stammte aus der westpreußischen
Provinz. Um 1900 kam er nach Berlin, um an der TH Maschinenbau und
Elektrotechnik bei den Professoren Alois Riedler und Adolf Slaby
zu studieren. Bald ging er nach Paris und schrieb neben dem Studium
für eine deutschsprachige Zeitung. Als Journalist statt als
praktizierender Ingenieur kehrte er nach Berlin zurück. Hier
arbeitete er als freier Autor für große Berliner Zeitungen.
Das "Berliner Tageblatt" aus dem Mosse-Verlag wurde sein
"Hausblatt". Seine Spezialität waren die Elektrizität
und die Technik der Wellen, die den Alltag eroberten. Fürsts
Talent, komplexe Zusammenhänge klar, amüsant und für
jedermann verständlich darzustellen, sein sachlicher, feuilletonistischer
Stil machte ihn populär. Fürst schrieb die erste Biografie
über den AEG-Gründer Emil Rathenau, ein Buch über
Werner von Siemens sowie über die Funkstelle Nauen und über
die Geschichte der Eisenbahn. Er illustrierte "Das Reich der
Kraft" mit Werken des Berliner Malers Hans Baluschek zur "Poesie
der Eisenbahn", verband so auch Technik und Kunst.
Sein Lebenswerk jedoch war das vierbändige "Das Weltreich
der Technik": 1923 erschien der erste Band "Telegraphie
und Telephonie" bei Ullstein: großformatig, reich illustriert
und mit erklärenden bunten Schnittbildern versehen, eine drucktechnische
Sensation. 1924 folgte "Verkehr auf dem Lande", 1925 "Der
Verkehr auf dem Wasser und in der Luft". Den vierten Band "Kraftmaschinen
und elektrischer Starkstrom", seit 1927 posthum auf dem Markt,
konnte er nicht vollenden. Das Starkstrom-Kapitel schrieb Hans Dominik
(TU
intern 1/05) für den Freund und Kollegen. So blieb die
ursprünglich von Ullstein geplante mehrbändige Enzyklopädie
"Das Weltreich der Technik" Fragment, ein großartiges
Fragment. Krankheit und Tod nahmen Artur Fürst am 13. Mai 1926
die Feder aus der Hand. Erich Lasswitz schrieb den Nekrolog in den
"VDI nachrichten": "Die Techniker haben den besten
Verkünder ihrer Taten verloren, die deutsche Literatur bedauert
einen ihrer glänzendsten Vertreter auf dem so schwer erschließbaren
Gebiet der Technik. Die Technik selbst weint, um einen ihrer treuesten
Gläubigen." In den Achtzigerjahren erschien - im Auftrag
des VDI - ein Reprint von Kurt Mauel. Wäre es nicht an der
Zeit, Leben und Werk von Artur Fürst wiederzuentdecken?
Hans Christian Förster
|
|