Nicht ohne Geld und Profis
Was qualifizierte Öffentlichkeitsarbeit in der Wissenschaft
braucht
Längst kommen auch Universitäten und Wissenschaftler
nicht mehr ohne Öffentlichkeitsarbeit aus. Doch welche Bedingungen
müssen gegeben sein, um Wissenschaft und Forschung professionell
zu vermitteln und deren gesellschaftlichen Nutzen deutlich zu machen?
Dazu befragte TU intern Medienexperten in Stiftungen, Universitäten
und Zeitungsverlagen.
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Foto: privat |
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Professor Günter Bentele, Lehrstuhl Öffentlichkeitsarbeit/PR,
Universität Leipzig
Wissenschaftliche Organisationen benötigen in der Kommunikations-
und Mediengesellschaft - wie jede Organisation ab einer bestimmten
Größenordnung - interne und externe Öffentlichkeitsarbeit,
das heißt aktive Kommunikation mit unterschiedlichen Mitteln
und über unterschiedliche Kanäle. Öffentlichkeitsarbeit
ist unabdingbar, damit die Organisationen in der Öffentlichkeit
sichtbar werden oder bleiben, damit sie unterschiedliche Anspruchsgruppen
(zum Beispiel Geldgeber, Medien, ähnliche Organisationen, auch
Mitarbeiter etc.) informieren und mit ihnen kommunizieren, Krisen
managen und viele andere Aufgaben lösen können. Je professioneller
Wissenschafts-PR geplant und umgesetzt wird, je systematischer dieses
Kommunikationsmanagement auch evaluiert wird, desto größer
sind die Erfolgschancen.
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Foto: Robert
Bosch Stiftung |
Dr. Ingrid Hamm, Robert Bosch Stiftung, Geschäftsführung
Nicht die Taten bewegen die Menschen, sondern die Worte über
die Taten. Was Caesar vor 2000 Jahren wusste, gilt in der heutigen
Mediengesellschaft für fast jeden Bereich. Wir müssen
erreichen, dass Bürger ein positives Interesse an Wissenschaft
und Forschung entwickeln, dass mit ihnen geredet wird, Dinge erklärt,
Wichtiges vom Unwichtigen getrennt, Erkenntnisse sinnvoll vereinfacht
und die Menschen begeistert werden. Das wiederum gelingt nur, wenn
Wissenschaftler und Forscher ihre Kommunikatoren in den PR-Abteilungen
als Verbündete im Dialog mit der Gesellschaft erkennen und
sie aktiv einbinden. So verstandene integrierte Kommunikation gibt
dem PR-Verantwortlichen die interne Anerkennung, die es möglich
macht, Ergebnisse aus Wissenschaft und Forschung an die entscheidenden
Zielgruppen zu vermitteln.
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Foto: ETH Zürich |
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Rolf Probala, Leiter Corporate Communications der
Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich
Zwei Voraussetzungen sind essenziell für eine erfolgreiche
Hochschulkommunikation: die Bereitschaft, sie zu professionalisieren,
und der Wille, den Dialog zwischen Bevölkerung und Forschenden
zur zentralen Aufgabe zu machen. Professionalisieren heißt,
Öffentlichkeitsarbeit, interne Kommunikation, Design und Webauftritt
als Ganzes zu sehen, integriert zu kommunizieren. Professionalisieren
bedeutet, Kommunikationsprofis einzustellen und sie mit Mitteln
und Kompetenzen auszustatten. Wissenschaft und Technik verändern
die Welt. Über Wissenschaft zu informieren reicht heute nicht
mehr. Die Bevölkerung hat Fragen, die Forschenden müssen
zuhören können. Kommunikationsformen, die das Gespräch
und die Begegnung zum Ziel haben, sind Meilensteine auf dem Königsweg
der Hochschulkommunikation.
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Foto: privat |
Martin Spiewak, Redakteur der Wochenzeitschrift
"Die Zeit", Ressort Wissen
Hochschulen konkurrieren um gescheite Studenten, viel versprechende
Doktoranden, gute Professoren und, immer wichtiger, zahlungskräftige
Sponsoren. Diesen Wettbewerb gewinnt man durch Leistung - die eine
Hochschule jedoch nach außen kommunizieren muss. Sei gut und
rede drüber: Dieser Spruch gilt stärker denn je auch für
die Wissenschaft. Die bisherigen Bemühungen der Universitäten,
ihre Interessen und Stärken zu Gehör zu bringen, zielen
jedoch noch immer zu sehr auf die inneruniversitäre beziehungsweise
lokale Öffentlichkeit. Hochschulen, die sich - Stichwort Exzellenzinitiative
- dem nationalen oder gar internationalen Wettbewerb stellen wollen,
müssen diesen engen Referenzrahmen verlassen, auch und gerade
in der Öffentlichkeitsarbeit. Diese muss offensiver und aktiver
werden, braucht mehr Geld, ein qualifizierteres Personal und viele
originelle Ideen.
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Foto: privat |
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Professor Winfried Göpfert, Institut für
Publizistik/Wissenschaftsjournalismus, Freie Universität Berlin
Öffentlichkeitsarbeit für die Wissenschaft ist zugegebenermaßen
nicht einfach. Die Dinge sind oft kompliziert und manche Forschungsfragen
sind weit weg vom Normalbürger. Nicht alle Themen eignen sich
für eine breitenwirksame Darstellung. Aber es gibt spannende
Forschungsgeschichten. Man muss den Nutzen herausstellen: Wieso
nützt exzellente Wissenschaft unserem Land? Wie erleichtert
Wissenschaft unser Leben? Mit Beispielen lässt sich das veranschaulichen.
Die Öffentlichkeitsarbeit für die Wissenschaft beschäftigt
sich viel zu häufig mit Details. Dabei hat der Leser noch gar
nicht verstanden, um was es überhaupt geht. Deswegen muss viel
häufiger vermittelt werden: Was ist die Fragestellung? Was
hat der Bürger davon, wenn dieses Problem gelöst ist?
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