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TU intern 10-2016

TU intern · Nr. 10/2016 Seite 3 Start ins Wintersemester TU Berlin Hilft Geflüchteten Studierende engagieren sich „Wir wollen auch einen Beitrag leisten“ ag  Benedikt und Meika, Studie- rende der Wirtschaftsinformatik, haben dem MINT-Sprachkurs für Geflüchtete beim Sommerfest des Internationalen Studienkollegs und der Zentraleinrichtung Moderne Sprachen (ZEMS) 600 Euro über- geben: „Bei einem Auslandsauf- enthalt auf Sansibar haben wir die beliebte ,Sansibar-Pizza‘ probiert und wollten diese gern auf dem AStA-Sommerfest verkaufen. Bei einem ZEMS-Kurs kamen wir auf die Idee, den Erlös an den MINT- Sprachkurs zu spenden.Vom Café Shila bekamen wir alle Zutaten kostenfrei.“ Die beiden wollten nicht nur spenden, sondern auch „was übergeben“: Jeder Sprach- kurs-Teilnehmer hat nun einen Stoffbeutel mit Lernmaterialien. Deutschkurs in der Box EineTU-Projektwerkstatt ­ entwickelt Materialien für Ehrenamtliche kj  Gesellschaftliches Engagement ist für die Soziologie-Studentin Lucia Forcioli-Conti von der TU Berlin und Nele Engelbrecht, HU-Studentin der Germanistischen Linguistik, selbstver- ständlich. Unter anderem unterstützen sie eine Initiative, die mehrmals wö- chentlich Deutschkurse für Geflüch- tete gibt. „Dabei fiel uns auf, dass es für die vielen ehrenamtlichen Helfe- rinnen und Helfer schwer ist, geeigne- tes Unterrichtsmaterial zu finden, das gut einsetzbar, trotzdem unterhaltend und rechtlich zulässig ist“, so Lucia. Gemeinsam haben die beiden Studen- tinnen daraufhin eineTU-Projektwerk- statt aus der Taufe gehoben, die sich genau damit beschäftigt: Material zu erstellen oder zu optimieren, das von ehrenamtlichen, nicht professionellen Lehrenden im Deutschunterricht ein- gesetzt werden kann. „Ziel ist eineArt bestellbare Box mit Unterrichtsmate- rialien, die man entweder zum Selbst- kostenpreis bestellen oder aber selber nachdrucken kann  – eben: Deutsch- kurs in der Box“, erläutert Nele. Lehrinhalte nicht nur selber wählen, sondern auch selber gestalten, das ist der Hintergrund der Projektwerkstät- ten an derTU Berlin. Dabei entwickeln Studierende eigene Lehrveranstaltun- gen zu sozial und ökologisch nützli- chen Themen, fachlich betreut von ei- nem oder einer Hochschullehrenden. „Ganz so einfach, wie das klingt, ist es dann aber doch nicht“, weiß Lucia. „Wir mussten ein Seminar-Konzept erstellen, das dann von einer Jury begutachtet und akzeptiert wurde.“Aufgrund ihrer eige- nen Erfahrung legen beide Studentinnen Wert darauf, dass jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin vorab einige Male bei einem ehrenamtlichen Deutschkurs hospitiert hat und dass alle entwickelten Materialien von den Studierenden min- destens einmal in einem Deutschkurs erprobt werden. „Im letzten Semester haben wir bereits ein Gesellschafts- spiel und eine Art Sprach/-Grammatik- Landkarte entwickelt. Dieses Semester wollen wir uns damit beschäftigen, wie wir dieses Zubehör auch produzieren können“, so Lucia. www.deutschkursinderbox.de www.projektwerkstaetten.tu-berlin.de „Immer nur Deutsch im Kopf“ Ein Jahr In(2)TUBerlin – eine intensive Erfahrung Zugegeben, er hat auch öfter daran gedacht, ein- fach aufzuhören: „Gefühlt hatte ich die letzten Monate nur Deutsch im Kopf, jeden Tag immer nur Deutsch, Deutsch, Deutsch – es gab einfach keine Pau- se. Jetzt bin ich froh, dass ich durchgehalten habe“, so AlexanderTome, 20-jähriger Syrer, der zu den ersten Teilnehmern des Programmes In(2)TU Berlin gehört und soeben seine Feststellungsprüfung Deutsch ge- schrieben und bestanden hat. Entwickelt wurde das Programm von dem Studierenden-Service gemein- sam mit der Zentraleinrichtung Moderne Sprachen (ZEMS) und dem Studienkolleg derTU Berlin. 150 Bewerber gab es vor einem Jahr für die ersten 25 Plätze in dem speziell entwickelten MINT-Sprach- kurs für Geflüchtete. „Wir haben uns von Anfang an dafür entschieden, bei der Auswahl einen Leis- tungsansatz zu wählen. Das bedeutete, Teilnehmer und Teilnehmerinnen auszuwählen, die entweder in ihren Heimatländern schon angefangen hatten, ein MINT-Fach zu studieren, oder eindeutiges Interesse an einem MINT-Studienfach hatten“, erläutert Dr. Almut Schön, Geschäftsführerin der ZEMS. Dement- sprechend bestand die Aufnahmeprüfung aus einem englischsprachigen Mathematiktest aufAbiturniveau. „Die 25 bestenTeilnehmer haben einen Platz in dem Kurs bekommen. Inzwischen läuft der vierte Kurs, sodass wir bereits 100Teilnehmer undTeilnehmerin- nen in unseren Deutschkursen haben“, freut sich Claudia Börsting, Leiterin des Studienkollegs. „Ich habe das Angebot im Internet gefunden und mich sofort angemeldet. Mir war klar: Das ist meine einzige Chance, hier einen Studienplatz zu bekom- men“, beschreibt Hassan Al Jamal, der bereits in Syrien einen Bachelor in Elektrotechnik erworben hat und jetzt an der TU Berlin seinen Master in Au- tomotive Systems machen will. „Die Sprache ist der Schlüssel zu Deutschland“, das war ihm vonAnfang an klar.Auch Alexander Tome hat vor seiner Flucht schon zwei Semester Elektrotechnik und Telekom- munikation in Damaskus studiert. „Mathe, Physik, Technik  – kein Problem für mich, aber ich habe Schwierigkeiten mit Sprachen.“ Eine Problematik, die tendenziell auf viele Teilnehmer zutraf: „In den ersten drei Monaten gab es sechs Stunden Deutschunterricht amTag, dazu gehörten zwei bis vier Stunden Hausaufgaben – da war die Motivation der hauptsächlich naturwissen- schaftlich interessierten Kursteilnehmer zwi- schenzeitlich ziemlich am Boden“, berichtet auch Sylvie Guschel, Deutschlehrerin und  – laut HassanAl Jamal – so etwas wie die „Mutter der Kompanie“. „Alle Lehrer waren toll, freund- lich und engagiert. Frau Guschel hat uns immer wie- der aufgebaut, wenn die Motivation mal am Boden war“, so der 25-jährige Syrer aus Lattakia. „Im Vorfeld haben wir uns sehr viele Gedanken über potenzielle Schwierigkeiten gemacht, sei es aufgrund des unterschiedlichen kulturellen Hinter- grunds, der Erfahrungen mit Flucht undVertreibung oder unterschiedlicher religiöserAuffassungen. Zum Glück sind dieseThemen aber in unseren MINT-Kur- sen wesentlich weniger problematisch als oft in den Medien dargestellt“, berichtet Dr.Almut Schön. Die Atmosphäre in der Gruppe sei immer freundschaft- lich und offen gewesen, bestätigen sowohl Geflüch- tete wie Lehrer und Lehrerinnen. Ein Thema führte allerdings immer wieder zu Dis- kussionen: Pünktlichkeit und Präsenz. „Es stimmt, Pünktlichkeit bedeutet in Syrien und in Deutschland nicht das Gleiche. Das müssen wir noch lernen“, sagt Hassan Al Jamal und lacht. „Allerdings hat es in den Anfangsmonaten auch sehr viel Zeit gekostet, die notwendigen Unterlagen beim LAGeSo oder anderen Berliner Ämtern zu besorgen“, ergänzt Alexander Tome. Da musste auch mal ein Unterrichtstag ohne ihn stattfinden. Einen Optimierungsvor- schlag haben beide: „Während des Unterrichts sprachen wir Deutsch, aber Zu Hause oder im Freundeskreis – nur Arabisch. Es gab kaum eine Möglichkeit, Kontakt zu anderen Studierenden auf- zunehmen oder die Uni besser kennenzulernen“, bedauern sie – um gleich darauf realistisch einzu- schränken: „Vermutlich hätten wir dazu auch keine Zeit gehabt.“ „Seit Ende September steht fest: 19Teilnehmer ha- ben die Feststellungsprüfung bestanden und können ein Studium an einer deutschen Hochschule aufneh- men – ein tolles Ergebnis für das erste Jahr In(2) TUBerlin“, da sind sich Almut Schön und Claudia Börsting einig. Alexander Tome und Hassan Al Jamal sind einfach nur glücklich: „Endlich können wir normal studieren und leben.“ Und Alexander Tome fügt noch hinzu: „Berlin und dieTU Berlin werden immer einen Platz in meinem Herzen haben, weil sie mich willkommen geheißen haben.“ Katharina Jung Schülerpaten gesucht Studierende aus Berlin fördern benachteiligte Jugendliche kj  Wer es zu einem Studienplatz an der TU Berlin gebracht hat, der hat seine Bildungschancen genutzt. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien oder auch einfach nur aus Familien, in denen noch nie jemand eine Universität von innen gesehen hat, überhaupt auf die Idee kommen, Abitur zu machen, ein Studium oder eine außergewöhnliche Ausbildung anzustreben? Wie soll man seine Chancen nutzen  – wenn man gar nicht weiß, welche man hat? Genau da setzt das Projekt „Educa- tion Point“ des Spandauer Jugend e.V. an. Hier engagieren sich Berli- ner Studierende als Mentoren für Grundschulkinder. „Ziel ist es, dass ein junger Erwachsener, der einen völlig anderen Bildungshorizont hat, sich Zeit nimmt, Kinder aus bil- dungsfernen Familien individuell an ganz neue Erfahrungen heranzufüh- ren“, erzähltYakup Özkan, einer von drei Projektleitern und Architektur- Student an der TU Berlin. Finanzi- er des Projektes ist das Spandauer Quartiersmanagement. Seit 2013 treffen fünf Studierende (Mentoren) zweimal pro Woche je zwei Grundschüler (Mentees), die in Zusammenarbeit mit den Schulen ausgesucht werden. „Dabei war es uns sehr wichtig, immer einen eher leistungsstarken und einen leistungs- schwachen Schüler zu kombinieren. Davon profitieren alle“, ist Yakup Özkan überzeugt. „Die Treffen ge- stalten die Mentoren individuell  – mal werden gemeinsam Hausauf- gaben gemacht, mal ein Museum oder eine Bibliothek besucht oder mal auch einfach nur die Umgebung oder ein Spielplatz erkundet.“ Die Resonanz der Lehrenden, Eltern, Kinder und Mento- ren ist enorm posi- tiv – daher möchte Education Point zu- künftig 30 Kinder pro Jahr fördern. „Dafür suchen wir dringend noch Stu- dierende, die bereit sind, sich als Men- toren zu engagie- ren. Interessenten bekommen einen kostenlosen Einführungsworkshop, eine Aufwandsentschädigung und jede Menge positive Erfahrungen“, weißYakup Özkan. www.edupoint-schuelerpaten.de Was ist In(2)-TUBerlin? kj Im September 2015 legte die TU Berlin als eine der ersten Uni- versitäten in Deutschland ein Programm für die Integration Ge- flüchteter in den Universitätsalltag auf: „In(2)TUBerlin“. Es ermöglicht Geflüchteten, die in ihrer Heimat bereits eine Hochschulzulassung erworben haben, eine umfassen- de Studienberatung sowie die Teilnahme als Gasthörer an TU- Veranstaltungen. Seit dem Win- tersemester 2015/2016 nehmen 307 Personen an dem Programm teil. 100 Personen besuchen den MINT-Sprachkurs, den die ZEMS und das Studienkolleg speziell ent- wickelt haben. Ziel ist es, innerhalb von elf Monaten so viel Deutsch zu lernen, dass die Sprach-Fest- stellungsprüfung bestanden wird, die zur Aufnahme eines Studiums an der TU Berlin berechtigt. „Ein wirklich ehrgeiziges Ziel, bedenkt man, wie viel Unbekanntes die Stu- dierenden in spe in dieser Zeit zu bewältigen haben“, weiß Dr. Al- mut Schön, Geschäftsführerin der ZEMS. Der erste Kurs wurde vom Berliner Senat finanziert. Jetzt gibt es eine Finanzierungszusage über 1,2 Millionen Euro bis zum Jahr 2019 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Mit Recht stolz: Alexan- der Tome (l.) und Hassan Al Jamal aus Syrien mit der Leiterin des Studien- kollegs Claudia Börsting bei der Zeugnisübergabe © © TU Berlin/PR/Philipp Arnoldt Lucia Forcioli-Conti (l.) und Nele Engelbrecht mit ihrer Sprachlernbox © © TU Berlin/PR/Philipp Arnoldt TU-Lehramtsstudentin Jasmin Barrar (l.) mit ihren Mentees © © privat © © TU Berlin/PR/Anna Groh Benedikt (r.) und Meika (3. v. r.) im Café Shila

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