Alles in der Cloud:
Basisstrukturen mieten
und teilen
„Wir wollen uns zukünftig noch mehr auf
Bibliotheksanwendungen konzentrieren und
die Hardware auslagern. Vor wenigen Wochen
haben wir den letzten eigenen Server der Bi
bliothek abgeschaltet. Jetzt mieten wir unsere
gesamte Rechnerleistung in Form von virtuel-
len Maschinen bei tubIT, dem IT-Service-Center
der Uni. Als Vorreiter in diesem Bereich sind die
vier Universitätsbibliotheken Berlins zusätz-
lich gerade dabei, ihr gesamtes Bibliotheks-
managementsystem mit allen Erwerbs- und
Ausleihvorgängen in eine Cloud-Umgebung zu
überführen.“
Neue Geschäftsmodelle
„Die Digitalisierung verändert auch Geschäfts-
modelle. Früher haben wir eine Monografie
oder ein Zeitschriftenabonnement gekauft und
die Werke physisch hier gelagert. Heute verfol-
gen wir bei den wissenschaftlichen Zeitschrif-
ten – wenn möglich – eine ,Online first‘-Politik.
Wir kaufen Lizenzen, das Hosting liegt beim An
bieter. Aber: Wie dauerhaft ist so eine Lizenz?
Verlage können in Konkurs gehen, private
Server abstürzen – was wird dann aus unserer
Lizenz? Eine bundesweite Initiative von Biblio-
theken und Verlagen bemüht sich gerade, einen
Back-up für wissenschaftliche Literatur zu entwi-
ckeln. Dabei stellt sich auch die Frage: Wie lange
gilt eine Lizenz? Wie lange müssen Werke ge-
speichert werden – zehn Jahre oder 1000 Jahre? “
Von Pull- zu Push-Diensten
„Um über ein bestimmtes wissenschaftliches Thema
informiert zu bleiben, mussten Wissenschaftler oder
Studierende bis vor Kurzem noch selbst aktiv werden,
das heißt in entsprechenden Zeitschriften und Publi-
kationen nach diesem Thema suchen. Heute kommt
die spezifische Information zu ihnen – wir sprechen
daher von Push-Diensten: Über RSS-Feeds werden
sie über Neuerscheinungen zu ihrem Thema infor-
miert. In unserem Wissensportal Primo können sie
auch spezifische Suchen speichern und diese automa-
tisiert alle paar Wochen wieder durchführen lassen.
Die neuen Ergebnisse werden per Mail übermittelt.“
Vom Bibliothekar zum Meister des
Informationsuniversums
„Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter der Bibliotheken haben sich stark gewandelt
und werden dies auch weiter tun. In zehn Jahren wer-
den noch mehr Personen im IT-Bereich arbeiten, alle
Arbeitsplätze in der Bibliothek werden einen starken
IT-Bezug aufweisen. Wir verstehen uns ganz deutlich
als ,Teaching Library‘, das heißt, unsere Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter sind stark darin, die Lehre zu
unterstützen. Es ist nämlich ein Irrtum, anzunehmen,
dass sich den Digital Natives – den Studierenden also
mit Facebook- und WhatsApp-Erfahrung – die Nut-
zung einer wissenschaftlichen Datenbank ebenso
intuitiv erschließt. Die Benutzerfreundlichkeit unseres
Wissensportals Primo oder des Literaturverwaltungs-
programms Citavi wird sich weiter verbessern, aber es
wird auch in zehn Jahren noch schwieriger sein, eine
Recherche nach wissenschaftlich relevanter Literatur
durchzuführen, als ein Buch bei einem Onlineportal zu
bestellen.“
Foto: Ulrich Dahl