Viel länger. Die Arbeit begann 2008 im Rahmen einer
Forschergruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Sie wurde dann zum Berlin-Big-Data-Kompetenzzentrum
ausgebaut. Allein an diesen Zeiträumen sieht man, dass uns
diese riesigen Datenmengen vor extreme wissenschaftliche
Herausforderungen stellen, die nicht mal so von heute auf
morgen gelöst sind.
Können Sie diese wissenschaftliche Herausforderung
noch etwas genauer beschreiben?
Seit den 1980er-Jahren war es gelungen, das Datenmanage-
ment so zu programmieren, dass je nach Daten und Anfrage
automatisch das richtige Verfahren ausgewählt wurde,
um schnell das Ergebnis aus einer großen Datenmenge zu
berechnen. Für die modernen Verfahren der Datenanalyse
und des maschinellen Lernens gelingt uns das mit den
konventionellen Datenbanksystemen nicht mehr. Und die
Herausforderung ist, die Datenanalysesysteme auch in dieser
komplexeren Welt wieder so zu programmieren, dass sie aus
Milliarden Alternativen die richtige Strategie auswählen. Dies
ist wissenschaftlich ein riesiges Problem. Deshalb ist auch
die Behauptung, Big Data sei bereits ein Milliarden-Markt, im
Moment noch reines Wunschdenken. Das wird Big Data erst
sein, wenn uns dies gelungen ist.
Berlin soll zu einem digitalen Hotspot werden. Was muss
aus Ihrer Sicht dafür getan werden?
Ich antworte mal mit einem Blick zurück. Als 1999 zwei
junge Männer im Silicon Valley einen Algorithmus entwickelt
hatten, der letztendlich die Grundlage für Google wurde,
wussten selbst die beiden jungen Männer nicht, welche
Geschäftsidee sich daraus machen lassen könnte, aber sie
haben dafür Geld bekommen, sehr viel Geld. Was ich damit
sagen will, ist, wir müssen zum einen technologiegetriebe-
ner und risikobereiter werden. Zum anderen sollten wir uns
an der Bottom-up-Mentalität des Silicon Valley ein Beispiel
nehmen. Leute, die eine neue Idee für eine Technologie
haben, sollten wir massiv fördern und ihnen helfen, da
raus Geschäftsideen zu entwickeln. Erfinder sind oft keine
Geschäftsleute, daher braucht es technologieaffine, risiko-
bereite und visionäre Business Angels, die Technologien und
deren Potenziale verstehen. Davon gibt es leider zu wenige.
Bei vielen Absolventen der Wirtschaftswissenschaften oder
ähnlicher Bereiche vermisse ich die erforderliche technische
Tiefe und Vision, die ich im Silicon Valley angetroffen habe.
Worin sehen Sie den eigentlichen Nutzen der Digitalisie-
rung für den Menschen?
Für mich sind die Daten das Öl des 21. Jahrhunderts. Und so
wie aus dem Öl neue Produkte entstanden wie Nylon oder
Benzin, können wir aus den Daten, wenn wir die richtigen
Programmierwerkzeuge entwickeln, neues Wissen und neue
Dinge „raffinieren“. Zum Beispiel wäre es denkbar, dass es
uns gelingt, die Gedanken eines stummen Menschen in
gesprochene Sprache umzuwandeln, so wie es heute schon
gelingt, den Computer mit den Gedanken zu steuern. Oder
nehmen Sie das selbstfahrende Auto, auch ein Produkt der
Digitalisierung. Es wird die deutsche Automobilindustrie
grundlegend verändern, und die Branche muss aufpassen,
dass sie nicht den Anschluss verliert. Denn von ihr hängt
ganz wesentlich der Wohlstand Deutschlands ab. Digitalisie-
rung sichert also auch unseren Wohlstand.
www.bbdc.berlin/1/start/
Foto: Phil Dera
Prof. Dr. Volker Markl leitet das TU-Fachgebiet Datenbanksysteme und Informationsmanagement und das Berlin-Big-Data-Center.
Das zweite Big-Data-Kompetenzzentrum ist an der TU Dresden angesiedelt. Beide Zentren werden zusammen mit zehn Millionen Euro
vom Bundesforschungsministerium unterstützt.