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Unser digitalisiertes Leben

DIE ZUKUNFT LIEGT

IN DEN WOLKEN

Cloud-Technologien entkoppeln die Maschinensteuerung

von der Hardware

Text Katharina Jung

I

ndustrie 4.0 steht nicht nur für die

digitale Vernetzung von Unternehmen,

sondern auch für die Weiterentwicklung

des sogenannten „Computer Integrated

Manufacturing“ – also der Verbindung

von Maschine und Computer –, das in den

1980er-Jahren eingeführt wurde. Diese

automatisierten Steuerungssysteme basie-

ren in der Regel auf einer elektronischen

Hardware, die an der Maschine selbst sitzt

und speziell für diese entwickelt wurde.

Das neue Verbundprojekt „pICASSO“, eine

Kooperation vom TU-Institut für Werkzeug-

maschinen und Fabrikbetrieb (IWF), vom

Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen

und Konstruktionstechnik (IPK) sowie von

sieben weiteren Partnern aus Forschung und

Industrie, will jetzt einen Schritt weiter ge-

hen und die Maschinensteuerung durch den

Einsatz von Cloud-Technologie komplett von

der Hardware entkoppeln. Ziel von „pICASSO“

ist es, diese Steuerung flexibel über Soft-

warelösungen zu regeln.

„Im Prinzip werden die herkömmlichen,

auf eine bestimmte Maschine spezialisier-

ten Steuerungssysteme virtualisiert, das

heißt in einer neuen Softwarestruktur von

der eigentlichen Hardware, der Maschine,

entkoppelt und in eine firmeneigene Cloud

überführt“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Jörg Krüger,

Leiter des Fachgebiets Industrielle Automa-

tisierungstechnik an der TU Berlin sowie des

Geschäftsfeldes Automatisierungstechnik

des Fraunhofer IPK. „Als Folge brauchen

die einzelnen Maschinen oder Roboter nur

noch eine ganz allgemeine Rechnerstruktur,

die für die verschiedensten Steuerungs-

varianten einsetzbar sein kann. Die ganz

spezielle Intelligenz für die ganz spezielle

Maschinen- oder Robotersteuerung kommt

über eine Steuerungssoftware. Das einzelne

Unternehmen benötigt dann moderne Server

mit Mehrkernprozessoren, die eine private,

unternehmenseigene Cloud generieren. In

dieser Cloud sind die verschiedenen Soft-

warelösungen für die einzelnen Steuerungs-

prozesse hinterlegt.“ Die Steuerung über die

firmeneigene Cloud hat gleich mehrere Vor-

teile: „Sie bietet deutlich mehr Sicherheit als

verschiedene dezentrale Steuerungssysteme

bei gleichzeitig höherer Flexibilität. Über

den cloudimmanenten Mechanismus ‚Rapid

Elasticity’ können einzelne Rechnerkerne in

Sekundenbruchteilen zwischen so verschie-

denen Steuerungsprozessen wie dem einer

Fräsmaschine oder eines Roboterarms hin-

und herschalten – je nach Bedarf. Rechner-

leistung muss also nicht mehr vorgehalten

werden und kann damit deutlich effizienter

genutzt werden.“

Ein weiterer Vorteil der cloudbasierten

Steuerung: Sie kann auch auf älteren, hoch-

wertigen Maschinen nach- oder aufgerüstet

werden, bei denen die Mechanik nach wie

vor funktioniert – für deren Lenkung aber

keine Ersatzteile oder auch keine Updates

mehr produziert werden.

Jörg Krüger: „Der Einsatz von Cloud-Tech-

nologien in der Produktionssteuerung wird

zu einem grundlegenden Wandel in der

IT-Struktur von der Fabrik der Zukunft führen.

Aufgrund der geringen Investitionskosten

und der hohen Flexibilität in der Nutzung

sind das Entwicklungen, die auch für die mit-

telständische Industrie hochinteressant sind.“

www.projekt-picasso.de/projekt

Produzieren mit dem Industrie-Cockpit:

Abläufe und Anlagen werden unterneh-

mensweit in einem flexiblen Prozessnetz

verknüpft – so können sie in ihrer

Gesamtheit überwacht und jederzeit

angepasst werden.

Foto: Fraunhofer IPK