Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  24 / 40 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 24 / 40 Next Page
Page Background

22

Unser digitalisiertes Leben

2015/2016

Foto: Claas KGaA mbH

A

lle reden von Industrie 4.0. Dabei steht die digitale

Vernetzung in der Landwirtschaft der in den Fabrik­

hallen in nichts nach. „Unlängst erst wurde auf der

weltgrößten agrartechnischen Messe in Hannover ein

vernetztes System für die Düngung ausgezeichnet“, sagt

Cornelia Weltzien, Professorin für Agromechatronik an der

TU Berlin. Bei diesem Managementsystem ist es erstmals

gelungen, den gesamten Prozess organischer und mine­

ralischer Düngung zu digitalisieren.

Dieses bedarfsgerechte Nährstoffmanagement ist ein kleiner

Schritt hin zur großen Vision, in der alle Teilbereiche in der

Landwirtschaft – von der Düngung über den Pflanzenschutz,

die Aussaat, die Ernte, den Transport, die Logistik und Lage­

rung bis hin zur Lebensmittelherstellung und zum Verkauf –

lückenlos in der „Farmcloud“ miteinander verknüpft sind.

„So weit sind wir aber noch lange nicht. Das ist eine Vision

für 2050“, bemerkt Cornelia Weltzien. Sie selbst forscht an der

Entwicklung neuer Sensor- und Automatisierungssysteme für

den Pflanzenbau. Dies sind ebenfalls wichtige Bausteine für

eine komplett digital vernetzte Landwirtschaft.

„Stand der Technik heute ist, dass wir mit Hilfe von

Sensoren – entweder auf einem Traktor montiert oder an

Drohnen angebaut – Pflanzenparameter wie Biomasse,

Blattfläche und Chlorophyllgehalt erfassen können. Mit

Spektralkameras oder optoelektronischen Sensoren erfolgt

eine Reflexionsmessung des Umgebungslichtes. Auf diesem

Wege werden unterschiedliche Färbungen der Pflanze

festgehalten – von Grün bis Braun. „Gelb- und Braunfärbun­

gen zeigen, dass der Pflanze etwas fehlt“, erklärt Weltzien.

Die Ursachen für Pflanzenstress können ganz unterschied­

licher Natur sein: Es kann Wasser- oder Nährstoffmangel

herrschen oder es gibt einen Pilz- oder auch Schädlingsbefall.

Cornelia Weltzien und ihr Team wollen Sensorsysteme ent­

wickeln, die in der Lage sind, die Gründe für den Mangel zu

unterscheiden, indem sie verschiedene Boden- und Pflanzen­

sensoren so miteinander koppeln, dass direkt abgelesen

werden kann, wo die Verfärbungen ein Indiz für Unterver­

sorgung sind oder ob ein Pflanzenschutzmittel ausgebracht

werden muss.

Das wäre ein großer Gewinn, denn dann könnten Fungizide

ganz gezielt eingesetzt werden und müssten nicht mehr

flächendeckend gespritzt werden. Gerade der Pilzbefall tritt

ohnehin in Nestern auf – und je früher er erkannt wird, umso

eher kann verhindert werden, dass der gesamte Schlag

befallen wird. Eine solche punktgenaue Erkennung schont

Ressourcen und Umwelt.

PUNKTGENAUER

PFLANZENSCHUTZ

Auch in der Landwirtschaft hält die lückenlose digitale Vernetzung Einzug. Felder

müssen bald nicht mehr flächendeckend gegen Schädlingsbefall gespritzt werden

Text Sybille Nitsche

Die Ausstattung der Land-

maschinen mit Sensoren und

computerbasierter Technik

erlaubt es, die Erträge auf

einem Feld exakt zu kartieren.