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TU intern 11-2016

Seite 2 TU intern · Nr. 11/2016 Aktuell Nachdenken über Deutschlands Apotheker Für Reinhard Busse ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zurAufhebung der Preisbindung bei rezeptpflichtigen Medikamenten eine gute Gelegenheit, Dinge auf den Prüfstand zu stellen Herr Professor Busse, werden die Arznei- mittel in Deutschland nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes über die Aufhebung der Preisbindung bei rezept- pflichtigen Medikamenten nun billiger? Nicht unbedingt. Warum nicht? Das Urteil hebt ja nicht die Preisbin- dung für die Medikamente innerhalb Deutschlands auf. Es betrifft nur die Arzneimittel, die aus dem Ausland nach Deutschland importiert werden, und das wiederum werden meiner Meinung nach auch nur bestimmte Arzneimittel sein, und zwar jene, bei denen es sich für die Versandapothe- ke überhaupt lohnt, einen Rabatt zu gewähren. Welche Medikamente werden das sein? Es werden jene sein, die dauerhaft und regelmäßig und damit in größe- ren Mengen von Patienten gebraucht werden. Das betrifft chronisch Kranke wie Diabetiker, Bluthochdruckpatien- ten oder Personen mit Parkinson  – Letztere hatten ja den Rechtsstreit ausgelöst. Eine Versandapotheke im Ausland wird vermutlich wegen der Versandkosten keinen Rabatt auf die Bestellung einer einzigen Packung ge- währen. Außerdem müsste ein sig- nifikanter Wechsel der Patienten von der Vor-Ort-Apotheke im Inland zur Versandapothe- ke im Ausland erfolgen, damit es Auswirkun- gen auf den Markt hat. Den sehe ich nicht. Aber die Be- stürzung über das Urteil war groß. Sehen Sie keinerlei Auswir- kungen auf die Apo- theken in Deutschland? Ich sehe nicht den Untergang der Apo- theken in Deutschland kommen. Vielleicht muss man sich noch einmal vor Augen führen, wie ein Apothe- ker hierzulande bezahlt wird. Er be- kommt unter anderem 8,35 Euro pro Packung. Mit diesen 8,35 Euro wird auch seine Beratungsleistung abgegol- ten. Es gibt Medikamente, bei denen diese Beratung hinsichtlich Dosierung und wegen schwerer Nebenwirkungen oder Unverträglichkeiten mit anderen Medikamenten wichtig ist. Da sind die 8,35 Euro vielleicht sogar zu wenig. Dann wiederum gibt es Medikamente, da ist eine solche Beratung nicht not- wendig, und sie werden einfach über den Ladentisch geschoben. Dafür ist der Apotheker mit den 8,35 Euro ei- gentlich überbezahlt. Wenn ich Gesetzgeber wäre, würde ich ein solches Urteil zumAnlass nehmen, zu überlegen, ob es sinnvoll wäre, zwei Arten von Rezepten zu haben: eines, bei dem die Beratung in der Apothe- ke wegen der oben genannten Grün- de notwendig ist, und ein anderes zum Beispiel für chronisch Kranke, die im- mer das gleiche Arzneimittel nehmen und es sich in der Apotheke nur ab- holen. Für das eine Rezept würde der Apotheker dann zwölf Euro erhalten, für das andere nur vier. Aber solche diffizilen Dinge wie Neben- wirkungen und Unverträglichkeiten mit anderen Medikamenten bespreche ich doch mit meinem Arzt und nicht mit mei- nem Apotheker. Auch, aber deswegen sollten wir be- ginnen, darüber nachzudenken, was eigentlich noch die Rolle des Apothe- kers im 21. Jahrhundert ist, da er ja seine historische Aufgabe, Arzneimit- tel herzustellen, verloren hat und bis auf Ausnahmefälle als Händler agiert, der eine Ware weitergibt. Das Urteil könnte also auch in dieser Hinsicht Anlass sein, Dinge neu zu denken. Damit ich aber nicht falsch verstanden werde: Natürlich muss die Apotheke als Einrichtung, wo der Patient auf geordnetem und sicherem Wege seine Medikamente erhält, erhalten bleiben. Oh, da bringen Sie aber etwas ins Rol- len … Auf diese Debatte über die Aufga- be des Apothekers dürfen wir gespannt sein. Wird diese Frage in der Wissenschaft bereits diskutiert? Ja, aber hinsichtlich zusätzlicher Auf- gaben bei Personen, die selten oder gar nicht zum Arzt gehen. Ich denke aber auch, dass wir in der Gesellschaft diese Debatte führen müssen, was wir von den Apothekern und Apotheken erwarten, was ihre Funktion sein soll. Das Bezahlmodell, das vor zehn Jah- ren eingeführt worden ist und mit dem eben auch die Beratung honoriert wer- den sollte, muss hinterfragt werden, eben weil der Beratungsaufwand nicht für jedes rezeptpflichtigeArzneimittel gleich hoch ist. Und was halten Sie davon, die Preisbin- dung für rezeptpflichtige Medikamente aufzuheben? Wenn wir die Preisbildung dem freien Markt überlassen, könnte das – und ich wähle bewusst den Konjunktiv – dazu führen, dass die Versorgung auf dem Land unattraktiver und damit teurer wird. Hinter der Preisbindung steht ja die Überlegung des Gesetzgebers, solche Benachteiligungen nicht zuzu- lassen. Jede Bürgerin, jeder Bürger soll den gleichen Zugang zu Medikamen- ten haben. Wobei: An meinem Fach- gebiet haben wir vor einigen Jahren eine Studie durchgeführt über Preise bei nichtrezeptpflichtigen Medika- menten. Bei denen herrscht ja bereits Preisfreiheit. Das Ergebnis: Nicht in der brandenburgischen Kleinstadt waren die Medikamente am teuers- ten, sondern dort, wo es die meisten Apotheken gab – in Berlin im Umkreis vom Bahnhof Zoo. Das Gespräch führte Sybille Nitsche NACH gefragt bei … … Prof. Dr. Reinhard Busse Er leitet das Fachgebiet Management im Gesund­ heitswesen und ist seit diesem Jahr Mitglied der Wissenschaftsratskommission zur Evaluation der Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung Urheberrechtsgesetz Bürokratie und Bildung Zum Jahresende müssen alle auf ISIS eingestellten digitalen Lehrmaterialien automatisiert auf „unsichtbar“ geschaltet werden. Die Berliner Hochschulen wollen mit derVGWort weiterverhandeln pp/kj  Große Unruhe hat das Urteil des Bundesgerichtshofes zum Para- grafen 52a Urheberrechtsgesetz im Hochschulbereich ausgelöst. Es geht dabei um digitales Lehrmaterial. Die Kultusministerkonferenz hat mit der Vertretungsgesellschaft Wort (VG Wort) einen Rahmenvertrag ausge- handelt, nach dem die Hochschulen mit der VG Wort nicht mehr pauschal abrechnen dürfen. Ab 1. Januar 2017 muss danach jede eingescannte Seite dokumentiert, einzeln bezahlt und die Nutzeranzahl angegeben werden, wo- bei auch jedes Mal Umsatzsteuer an- fällt. Die Universitäten in Deutschland sind entzetzt über diese Neuregelung, die zu erheblich steigenden Kosten führen würde.Auch die Lehrenden an der TU Berlin fordern eine Rückkehr zu der Pauschalvergütung. „Die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten (LKRP) vertritt die Auffassung, dass die Hochschulen dem neuen Rahmenvertrag aufgrund der zahlreichen offenen rechtlichen Fragen, weiterhin unzureichenden Informationen für eine mögliche Um- setzung sowie der vielen ungeklärten technischen und organisatorischen Aspekte zum jetzigen Zeitpunkt nicht beitreten können. Die Berliner Hoch- schulen versuchen, mit der VG Wort weiter zu verhandeln“, so Prof. Dr. Hans-Ulrich Heiß, Vizepräsident für Studium und Lehre an derTU Berlin. Vorsorglich hat die TU Berlin jedoch schon im Oktober alle Hochschulleh- rerinnen und -lehrer informiert sowie entsprechende Beratungsmöglichkei- ten geschaffen. „Wenn es bei der der- zeitigen Rechtslage bleibt, werden zum Jahresende alle auf ISIS eingestellten Materialien automatisiert auf ,unsicht- bar‘ geschaltet. Die Lehrenden sind dann aufgefordert, die Materialien, die nicht unter den Paragraphen fallen, zum Beispiel eigene Folien, wieder zu aktivieren oder sie durch Links auf elektronischeVerlagsangebote zu erset- zen, sofern die Universitätsbibliothek dafür bereits Nutzungsrechte erworben hat“, erläutert Hans-Ulrich Heiß. Neben einer Erhöhung der Gebüh- ren entstehen vor allem erhebliche und unverhältnismäßiger Aufwand bei der Einzelerfassung der Materia- lien. „Es besteht die Gefahr, dass die Dozentinnen und Dozenten wegen des Aufwands und der verbleibenden Rechtsunsicherheiten auf eine Einstel- lung der Materialien ganz verzichten oder sie nur noch in Papierform be- reitstellen“, so Heiß. „Das würde auch einen schweren Rückschlag für das E- Learning bedeuten.“ Noch deutlicher kritisiert dasAktions- bündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ die Vereinbarung. Es rät den Ländern und den Hochschu- len dringend, diesemVertrag nicht bei- zutreten. Es bezeichnet die Vorgaben desVertrages als nicht zu bewältigende bürokratische Hürde, die dafür sorgen werde, dass weniger Semesterapparate zur Verfügung gestellt werden und so die Qualität der Ausbildung drastisch sinken werde. Dem Aktionsbündnis gehören unter anderen die HRK, der Wissenschafts- rat, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Berlin-Brandenburgische Akademie derWissenschaften, Universitäten, Bi- bliotheken und viele andere Akteure aus der deutschen Bildungslandschaft an. www.urheberrechtsbuendnis.de 52a-support@tu-berlin.de (Beratung der Universitätsbibliothek zu inhaltlichen Fragen) info@isis.tu-berlin.de (technische Beratung zur Lernplattform ISIS) TU Berlin beliebt bei ­Personalentscheidern tui  Im Hochschulranking 2016 der WirtschaftsWoche schnitten Alumni der TU Berlin gleich in fünf Fächern hervor­ ragend ab. Besonders die Absolventin­ nen und Absolventen der Naturwissen­ schaften sind geschätzt und verhalfen der Universität hier auf Rang 1. Weitere Top-Ten-Platzierungen wurden in In­ formatik, Wirtschaftsingenieurwesen (jeweils Rang 4), Maschinenbau (Rang 5) und Elektrotechnik (Rang 8) erreicht. Für das aktuelle Ranking wurden 540 Personalverantwortliche von Unterneh­ men befragt. www.tu-berlin.de/?179360 Prämie für soziale Zwecke tui  Ein Teil der Leistungsprämie von 100  000 Euro, die der TU-Präsident aus Haushaltsmitteln zur Verfügung gestellt hat, nämlich 25 000 Euro, soll für soziale Zwecke verwendet werden (zum Beispiel teambildende Maßnahmen, Sitzgele­ genheiten auf dem TU-Gelände und anderes). Hierzu werden derzeit Ideen gesammelt. Vorschläge mit Begründung werden bis zum 25. 11. 2016 von Valeska Schöbel entgegengenommen (per Haus­ post an Sekr. II ZS). Mehr Verantwortung für ­Akkreditierung tui  Die Hochschulen müssten mehr Verantwortung für die Qualität ihres Studienangebots selbst übernehmen können und in höherem Umfang als bis­ her an der Durchführung der Akkreditie­ rungsverfahren beteiligt werden, fordert der Präsident der Hochschulrektorenkon­ ferenz Prof. Dr. Horst Hippler. Die HRK hat daher Anfang November detaillierte Vorschläge für die künftige Gestaltung des Akkreditierungssystems und der Akkreditierungsverfahren vorgelegt. Die Akkreditierung soll nach einem wissen­ schaftsnahen Verfahren der Qualitätssi­ cherung und Rechenschaftslegung im Sinne eines Audits umgestaltet werden und sich am europäischen Regelwerk „European Standards and ­ Guidelines (ESG)“ ausrichten, so die HRK-Emp­ fehlung. Dabei sollen die Agenturen beratende und organisatorische Dienst­ leistungen anbieten können; ihre Einbe­ ziehung in Akkreditierungsverfahren soll aber nicht verpflichtend sein. www.hrk.de HöhererAnteilanProfessorinnen tui  In den letzten zehn Jahren stieg die Gesamtzahl der Professorinnen und Professoren um 22 Prozent. Dabei stieg der Frauenanteil stetig von rund 14 auf 23 Prozent im Jahr 2015. Das teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Ende 2015 lehrten und forschten an deutschen Hochschulen und Hochschul­ kliniken rund 46 300 Professorinnen und Professoren. Die Zahl der Frauen erreich­ te 2015 mit rund 10  500 einen neuen Höchststand. Nach den Rechts-, Wirt­ schafts- und Sozialwissenschaften ist die Anzahl an Lehrstühlen bei den Ingenieur­ wissenschaften am höchsten. Von 12 200 Profs sind 1400 Frauen. Den höchsten Frauenanteil gibt es bei den Geisteswis­ senschaften (36 Prozent) und bei Kunst, Kunstwissenschaft (32 Prozent). Förderung von Großgeräten wird evaluiert tui  Eine 13-köpfige Expertenkom­ mission soll künftig die Investitionen in Forschungsneubauten und -großgeräte von nationaler Bedeutung an Hochschu­ len evaluieren. Seit 2007 haben Bund und Länder rund 5,5 Milliarden Euro für 134 Forschungsbauvorhaben und 2900 Großgeräte ausgegeben. Die Förder­ entscheidung trifft jeweils die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Den Vorsitz der Gemeinsamen Wissenschaftskommission von Bund und Ländern führt Prof. Dr. Jörg Hacker, Präsident der Deutschen Akade­ mie der Naturforscher Leopoldina – Nati­ onale Akademie der Wissenschaften. www.gwk-bonn.de Hochschulpolitik © © TU Berlin/PR/Ulrich Dahl © © Fotolia/vege © © Fotolia/PhotoSG

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